Weiter Rabl-Nein zu türkischem Fest
Von Michaela Greil
„Wir wollen das zehnjährige Bestehen unseres Dachverbands feiern und sind bereit, die Gästeliste zu ändern“, sagt Resul Koca, Obmann von der türkischen „Austria Linz Islamische Föderation“ (ALIF) dem KURIER. Man suche Räume für Frühjahr 2019. Weiters wünsche man sich Gespräche mit der Stadt Wels. Das Fest ist für Bürgermeister Andreas Rabl (FPÖ) aber „kein Thema mehr“.
Der öffentliche Festakt in der Messe Wels war im Oktober geplant gewesen. Die Stadt hat ihn abgesagt, weil deutsche Ehrengast Kemal Ergün, Vorsitzender der deutschen „Islamischen Gemeinschaft Millî Görüs“, umstritten ist. Der Vorsitzende der Islamischen Religionsgemeinde Linz für Oberösterreich, Murat Baser, verteidigt Ergün hingegen. „Er setzt sich für ein Miteinander im Sinne der europäischen Werte ein.“
Rabl und Vizebürgermeister Gerhard Kroiß ( FPÖ) argumentieren, dass es mit dem 40 Jahre alten ALIF Wels eine gute Gesprächsbasis gibt. Deshalb müsse man differenzieren. „Uns ging es hier um diese Veranstaltung“, sagt Rabl. Die Gästeliste weist laut Kroiß auf eine „Veranstaltung mit streng muslimisch-fundamentalistischer Ausrichtung“ hin. Er spricht von „unterschiedlichen Betrachtensweisen“ und „erschüttertem Vertrauen“, signalisiert aber Gesprächsbereitschaft. Kriterien für eine Vertragskündigung von der Messe Wels werden „juristisch geprüft“. Dazu gehört laut Rabl ein klares Bekenntnis zur Demokratie. Man wolle keine Veranstaltung, die einen politischen oder radikalen Islam propagiere. „Millî Görüs ist fundamentalistisch geprägt. Ich gehe von Gemeinsamkeiten mit ALIF aus.“
Der Welser ÖVP-Stadtparteiobmann und Landtagsabgeordnete Peter Csar meint, ein Veranstalter soll sensibel sein, wen er einlädt. Der Verein solle sich in die Integration und die österreichische Gesellschaft einbringen. „Daran messe ich das.“ Er selbst habe keine Erfahrung mit ALIF. SPÖ-Stadtparteichef Klaus Hoflehner sagt: „Wir teilen die Vereinsphilosophie nicht. Wenn man den Islam monopolistisch auslegt, wird es schwer.“ Staat und Religion solle man trennen, aber eine Gesprächsbasis beibehalten.
Michael Tischlinger, Leiter des Landesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung, hat mit ALIF grundsätzlich kein Problem. „ALIF ist ein türkischer, nicht untersagter Verein.“ Einzelne Redner seien aber problematisch. „Radikal-fundamentalistische Ansätze bei Vereinen sehe ich derzeit nicht.“
ALIF wird seit Sommer 2017 vom Kultusamt im Bundeskanzleramt geprüft. Nach einer europaweiten Spendensammlung soll geklärt werden, ob diese dem Islamgesetz entspricht. 2018 folgte eine Prüfung vom Finanzamt. „Es hat alles gepasst“, sagt Baser. Man warte auf ein Ergebnis vom Kultusamt. David Furtner von der Landespolizeidirektion verweist aufgrund „eines laufenden Verfahrens beim Bundeskanzleramt“ auf die Behörden. Trotz mehrfacher Urgenzen gab es vom Kultusamt für den KURIER keine Stellungnahme.
Die ALIF-Gruppe mit zwölf Kulturvereinen in Oberösterreich und Salzburg bezeichnet sich als „konservativ, aber offen gegenüber Andersglaubenden und für neue Wege des Dialogs“. Sie gilt als „Österreich-Ableger“ der 40 Jahre alten „Islamischen Gemeinschaft Millî Görüs“ ( IGMG), einer Untergruppe der umstrittenen „Millî Görüs“-Bewegung. Der deutsche Verfassungsschutz hat 2014 bis 2016 eine Mäßigung der „Millî Görüs“-Ableger festgestellt und die Beobachtung vielerorts eingestellt. In Baden-Württemberg und Bayern präsentiert sich die IGMG „unabhängiger von der Bewegung in der Türkei“ und „ohne politische Ambitionen“.
ALIF hat eigene Statuten und finanziert sich aus österreichischen Geldern: Beiträge 4500 zahlender Mitglieder, Zuschuss des ÖGB, Spenden vom Begegnungsfest „Kermes“. Es gibt keine Gelder aus der Türkei. Beiträge der Vereine gehen an den Dachverband. Bezahlt werden zwei Vollzeit- und zwei geringfügige Stellen sowie die Arbeit der Imame, der theologischen und spirituellen Gemeindeleiter.
Taten bewerten
„Heute sind alle ALIF-Funktionäre von hier“, sagt Baser. Der Prophet Muhammad habe gesagt: „Der Beste ist der, der dem Mitmenschen am nützlichsten ist.“ Deshalb soll man Menschen nach ihren Taten bewerten. Man arbeite bei der Pilgerreise nach Mekka oder bei Hilfsaktionen mit der IGMG. Deren Name sei zur Marke geworden. Ihn zu ändern sei schwer. ALIF bekennt sich zu Österreichs Gesetzen und zum interreligiösen Dialog.
„Ich merke eine überhitzte Debatte. Eine sachliche Auseinandersetzung und ein differenzierter Blick wären wünschenswert“, sagt Stefan Schlager, Leiter des Referats für Erwachsenenbildung und Weltreligionen der Diözese Linz. Er arbeitet seit 15 Jahren mit Baser, dem er „Handschlagqualität“ zuschreibt. „Er hat der politischen Instrumentalisierung des Islams eine klare Absage erteilt.“