Straßenbahn steht nach mehr als 100 Jahren vor dem Ausbau
Von Jürgen Pachner
In der Fraktionssitzung der VP-Gmunden fällt am Freitag für die Traunseestadt eine Jahrhundertentscheidung. Die Bürgermeisterpartei (19 von 37 Mandaten) berät darüber, ob sie am 14. Februar im Gemeinderat einer Verlängerung des 2,3 Kilometer langen Straßenbahnnetzes bis zur Lokalbahnstrecke Gmunden-Vorchdorf zustimmt. „Ich will meinen Kollegen nicht vorgreifen, sehe der Beschlussfassung aber positiv entgegen“, sagt Tourismusstadtrat Gerhard Meingast. Er gilt als Befürworter des Lückenschluss-Projektes: „Es geht um eine Entscheidung, die auch für unser Enkel von Bedeutung sein wird.“
Finanzierung
Seit 1894 gilt die Straßenbahn als unverzichtbarer Bestandteil des Gmundner Stadtbildes. Sie zählt zu den steilsten Adhäsionsbahnen (Antrieb funktioniert nur über Haftung der Räder) der Welt. Seit 1912 wird über die Verlängerung der Tramway zur 15 Kilometer langen Lokalbahn gesprochen. Die Pläne scheiterten bisher immer an der Finanzierbarkeit. Die Distanz zwischen den Endpunkten der beiden Bahnen beträgt zwar nur rund 700 Meter, der Lückenschluss würde aber zwischen 25 und 30 Millionen Euro kosten.
Aufgrund bestehender Engstellen müsste die Brücke über die Traun verbreitert sowie die Stadtdurchfahrt neu gestaltet werden. „Wegen der möglichen Finanzierung haben wir bereits mit Verkehrslandesrat Reinhold Entholzer gesprochen – er ist uns dabei sehr entgegengekommen“, betont Meingast.
80 Prozent der Kosten würde das Land übernehmen. Damit Gmunden sich nicht neu verschulden muss, ist auch eine Vorfinanzierung des von der Stadt zu tragenden Anteils denkbar. Mit Hilfe von Ko-Finanziers könnte der jährliche Beitrag auf 300.000 Euro (über einen Finanzierungszeitraum von 15 Jahren) reduziert werden.
Für einen Ausbau der Straßenbahn appelliert auch Christian Gratzer vom VCÖ: „Wird sie verhindert, dann werden die Zuständigen sich sehr lange den Vorwurf anhören müssen, einen großen verkehrspolitischen Sündenfall begangen zu haben.“
Welchen Stellenwert die Tramway in der Region Gmunden hat, wird auch anhand von Thomas Bernhard (1931–1989) sichtbar. Nur zwei Wochen vor seinem Tod soll er sich noch in seinem allerletzten Schriftstück – einem Leserbrief – für ihren Erhalt stark gemacht haben.