Chronik/Oberösterreich

Ein empfindsames Pflänzchen

von Christa Koinig

Manchmal gibt es Tage, da bin ich einfach nicht gut drauf. Ich komme zu spät ins Puppentheater oder ich kann meinen Text nicht mehr. Oder es kommt eine Erinnerung hoch, die mich traurig macht oder eine Enttäuschung, mit der ich nicht gerechnet hatte. Wenn mich da jemand ein bisserl scharf anredet, beginne ich zu heulen. Kasperl sagt dann zu mir, ich bin ein Trenzer. Ab und zu sagt er „Jammersuse“ oder „Mimose“.

Dass er mich einen Trenzer nennt, versteh’ ich, denn trenzen bedeutet weinen und jammern. Darum check ich’s auch, wenn er Jammersuse zu mir sagt, obwohl ich ja kein Mädchen bin. Aber was ist eine Mimose? Neulich war wieder so ein Tag, aber gerade als ich losheulen wollte, hat mich Omama ganz fest in den Arm genommen und gesagt: „Seppy, es gibt Tage, an denen man nicht mehr weiter weiß und Stunden, in denen man sich allein gelassen fühlt. Manchmal sind’s ganz kleine Dinge, die einen verletzt haben. Und dann kommen halt die Gefühle, die man nicht steuern kann. Glaub’ mir, ich weiß, wovon ich rede.“

Die Mimose ist sensibel

Das wollte ich jetzt nicht hören, schon gar nicht von Omama. Darum habe ich schnell das Thema gewechselt und gefragt, „was ist eigentlich eine Mimose?“ „Sie ist eine empfindliche, sensible Pflanze“ hat mir Omama erklärt, „sie hat ganz zarte Blüten, und sie reagiert auf die kleinste Berührung, indem sie ihre zarten grünen Blätter zusammen rollt. In der Sprache der Blumen hat die Mimose eine ganz besondere Bedeutung. Wenn sie dir jemand schenkt, will er damit ganz versteckt sagen, dass er dich mag.“ Aha, ich bin also ein empfindliches Pflänzchen. Aber wenigstens weiß ich jetzt, wem ich einen Strauß Mimosen schenke.

Christa Koinig ist künstlerische Leiterin des Linzer Puppentheaters (www.puppentheater.at)