Schlepperprozess in Linz gestartet
Ein 41-Jähriger, der sich im August mit 20 Flüchtlingen in einem Lkw eine wilde Verfolgungsjagd mit der Polizei geliefert haben soll, hat sich am Mittwoch wegen Schlepperei, Widerstands gegen die Staatsgewalt und schwerer Körperverletzung vor dem Landesgericht Linz verantworten müssen. Der Bulgare soll Teil jener Bande sein, in deren Kühlwagen auf der Ostautobahn 71 Tote entdeckt worden waren.
Am 23. August 2015 wollte eine Polizeistreife einen verdächtigen Lieferwagen auf der Westautobahn (A1) in Oberösterreich kontrollieren. Statt anzuhalten, stieg der Lenker auf das Gaspedal, rammte zweimal ein Einsatzfahrzeug und durchbrach eine Sperre. Polizisten konnten das Auto erst nach etlichen Kilometern stoppen. Der Fahrer sprang heraus und flüchtete zu Fuß weiter. Beamte nahmen den Mann in einem Feld fest, obwohl er sich mit Händen und Füßen dagegen wehrte. Dabei erlitt ein Polizist einen Bandscheibenbruch.
Bei der Überprüfung des Wagens bot sich der Polizei ein erschreckendes Bild: In dem nahezu luftdicht abgeschlossenen Kühlaufbau befanden sich 20 syrische, iranische und afghanische Flüchtlinge, eingepfercht auf 6,66 Quadratmetern.
Krebserkrankung, Familie entführt
Bereits im vergangenen November hatte sich der Beschuldigte vor einem Linzer Einzelrichter verantworten müssen. Dabei packte er aus: Er habe für jene Schleppergruppe fahren müssen, in deren Kühlwagen 71 Flüchtlinge starben. Er selber sei krebskrank. Seine schwangere Lebensgefährtin und der Sohn seien von der Bande entführt worden. Um die Familie freizubekommen, habe er den Transport der Flüchtlinge von Ungarn nach Deutschland durchgeführt. Zuvor habe er auch mit den vier Bandenmitgliedern zu tun gehabt, die nach dem Erstickungstod verhaftet wurden. Deren Gerichtsverfahren wurde an Ungarn abgetreten.
Verfolgungsjagd mit Polizei
Bei seinem Kühlfahrzeug riss er aber die Dichtungen heraus, damit Luft in den Wagen kommt, versicherte er dem Einzelrichter. Dass er der Polizei eine wilde Verfolgungsjagd lieferte, erklärte der Beschuldigte damit, dass er Angst vor seinem Aufpasser in einem Begleitwagen gehabt habe.
In dem ersten Prozess dehnte die Staatsanwaltschaft dann die Anklage aus, da sie der Ansicht ist, dass für die Geschleppten Lebensgefahr bestand und der Bulgare einer kriminellen Organisation angehört. Der Einzelrichter fällte ein Unzuständigkeitsurteil. So musste sich der Bulgare am Mittwoch vor einem Schöffensenat verantworten. Er ist teilweise geständig. Bei einer Verurteilung drohen ihm zwischen ein und zehn Jahre Haft.