Porträtfotograf knipste Totenköpfe
Von Daniel Voglhuber
Eigentlich stehen bei den meisten Fotografien Paul Kranzlers lebende Menschen im Mittelpunkt. Für seine aktuelle Ausstellung Vademecum, die in der Linzer Galerie Brunnhofer zu sehen ist, hat sich der vielfach ausgezeichnete Künstler mit dem Gegenteil beschäftigt, nämlich mit dem Tod und den kunstvoll bemalten Totenköpfen aus dem Gebeinhaus Hallstatt. Der Fotograf, der unter anderem Porträts für die Magazine der Zeit und der Süddeutschen schießt, machte hier die letzten Porträts der Menschen.
Ausdruck
„Man glaubt, dass jeder Schädel einen eigenen Ausdruck hat. Das sind allerdings nur Bilder, die im Kopf entstehen“, erklärt der in Hörsching aufgewachsene Fotograf. Ein Totenschädel, der mit Blumen geschmückt ist, wirke viel sympathischer als einer, auf dem sich eine schwarze Schlange befinde. „Und dabei sagt das nichts darüber aus, wie die Menschen früher ausgesehen haben“, erklärt er seine Faszination für die Köpfe aus dem Gebeinhaus.
Für Kranzler, der von sich selbst behauptet, nicht gut bei Stillleben zu sein, war diese Arbeit eine Herausforderung. „Ich habe mir einen Abguss eines Schädels machen lassen, um schon zu Hause auszuprobieren, wie ich die Köpfe im Gebäude belichten muss“, sagt der 32-jährige Linzer. Das einzige menschliche Wesen seiner neuen Schau ist – passenderweise – ein Fährmann. Bringt dieser doch seit Tausenden von Jahren in verschiedensten Mythologien die Verstorbenen ins Totenreich.
Die meisten seiner Motive würden sich einfach so ergeben. „Ich fahre gerne los“, erzählt Kranzler, der an der Linzer Kunstuni Grafikdesign und Fotografie studiert hat, über seine Arbeitsweise. Das Losfahren machte er unter anderem im Jahr 2007 bei der Serie „New Crew“. Dafür lichtete er junge Menschen aus Österreich, Berlin, London und Los Angeles ab. Die Teenager posieren auf Kranzlers Bildern mit einer gehörigen Portion Anstrengung, um möglichst cool zu wirken.
Jugend-Gang
Der Name zu dieser Reihe stammt übrigens von Teenagern aus Pettenbach. „Die haben zu mir gesagt, wir sind eine Gang, die New Crew.“ Eigentlich würde man sich das eher von Jugendlichen aus US-amerikanischen Innenstädten erwarten. Doch spätestens seit dem Siegeszug des Internets habe sich das geändert. „Zwischen Oberösterreich und L. A. herrscht fast kein Unterschied mehr, es gibt eben eine globalisierte Jugendkultur.“ Und das sehe man auf den Bildern auch. Unterscheiden würde sich nur noch die Umgebung der Porträts.
Teenager stehen immer wieder im Interesse des Künstlers. Schon ein paar Jahre zuvor begann er seine Arbeit an der Serie „Landjugend“, wo er Teenager einerseits in Vereinsuniformen andererseits im normalen Straßengewand aus oberösterreichischer und deutscher Provinz im Bild festhielt. „Ich bin zwischen Stadt und Land aufgewachsen. Mir sind Zeltfeste nicht fremd“, sagt Kranzler.