Chronik/Oberösterreich

Geläuterter Möchtegern-IS-Kämpfer hält Präventionsvorträge

Ein 20-Jähriger aus dem Bezirk Linz-Land, der IS-Kämpfer werden wollte, aber inzwischen geläutert ist, hält jetzt Präventionsvorträge vor Jugendlichen. Das gaben das Landesgericht Linz, die Bewährungshilfeorganisation Neustart und der Verein Derad in einer Presseaussendung am Donnerstag bekannt. Sie finden allerdings in Wien statt, nachdem es in Oberösterreich Probleme gegeben hatte.

Der gebürtige Tschetschene, der als Achtjähriger nach Österreich gekommen war, hatte vergangenes Jahr durch Videos im Internet aufgestachelt beschlossen, gemeinsam mit einem entfernten Verwandten nach Syrien zu reisen und sich dort dem IS anzuschließen. Der Verwandte übernahm die Organisation: Sie sparten Geld und kauften sich ohne Wissen der Familie ein One-Way-Ticket nach Istanbul. Dort sollten sie in einer Wohnung warten, bis sie von Kontaktleuten nach Syrien gebracht werden, um dort zu kämpfen.

"Das hier ist nicht meine Sache"

Aber schon einen Tag später rief der junge Mann in Oberösterreich an und bat seine Familie, sie solle ihn heimbringen: "Das hier ist nicht meine Sache." Denn er hatte in Istanbul auf seinem Mobiltelefon ein Video gesehen, in dem der IS aus einem fahrenden Auto heraus auf die Zivilbevölkerung schoss. Seine Eltern holten ihn ab.

In Oberösterreich wurde ihm im September 2015 der Prozess gemacht. Die Staatsanwältin warf ihm das Verbrechen der terroristischen Vereinigung vor. Denn er habe mit seinem Verhalten den IS gefördert - nicht zuletzt damit, dass dessen Kämpfer mit alsbaldiger Verstärkung rechnen konnten. Im Jugendschöffenprozess legte er wie schon zuvor bei der Polizei ein reumütiges Geständnis ab. Er werde seine Taten nicht mehr wiederholen und auch niemandem empfehlen. Das rechtskräftige Urteil: 15 Monate Haft, davon zehn bedingt.

Weisung

Wegen der besonderen Umstände stellte das Gericht die Möglichkeit einer Strafmilderung in Aussicht und sogar, dass sie zur Gänze nachgesehen wird. Dazu wurde eine Weisung erteilt: Er solle entsprechend vorbereitet in Schulen gehen und dort Gleichaltrigen erzählen, was er erlebt hat: Propaganda-Videos auf den Leim gegangen, in der Folge seine Lehrstelle verloren, weil er unentschuldigt fern geblieben ist, sowie die andere Seite gesehen, nämlich ein Video, in dem auf Zivilisten geschossen wird.

Der erste Vortrag in einer oberösterreichischen Schule war heuer im Frühjahr geplant. Dann gab es allerdings Probleme bei der Terminfindung. Da die Weisung aber bis 30. September erfüllt sein muss und ansonsten dem jungen Mann doch die Haft droht, fand nun der erste Vortrag vor Lehrlingen in Wien statt und ist laut Presseaussendung erfolgreich verlaufen. Der 20-Jährige wirkt im August an zwei Tagen an insgesamt vier Präventions-Workshops mit jungen Menschen mit.