ÖVP und FPÖ in verflixtem siebenten Jahr in trauter Einigkeit
Seit 2015 regiert in Oberösterreich Schwarz-Blau. „Wir haben das verflixte siebente Jahr gut bewältigt“, übten sich die Klubobmänner Christian Dörfel (ÖVP) und Herwig Mahr (FPÖ) am Freitag in demonstrativer Einigkeit. Das Budget 2023 werde „im Zeichen von Anti-Teuerung“ stehen, kündigten sie an, wie genau blieb noch offen. Die Rückkehr zur Null-Schulden-Politik werde wohl so schnell nicht möglich sein.
Am Montag ist die Landtagswahl in Oberösterreich ein Jahr her, nach der die seit 2015 bestehende Zusammenarbeit von Schwarz und Blau, den unterschiedlichen Zugängen in der damals gerade wieder massiv aufflammenden Pandemie zum Trotz, verlängert wurde. Die Regierungspartner zogen im Vorfeld am Freitag Bilanz über das erste Jahr der Legislaturperiode.
"Wahlzuckerl" in Niederösterreich
Die beiden Klubchefs traten Oppositionskritik entgegen, dass das Land zu wenig gegen die Teuerung unternehme und verwiesen einmal mehr auf Maßnahmen wie die Erhöhung des Heizkostenzuschusses, die Erweiterung der Wohnbeihilfe, den Nachhilfezuschuss für Familien und darauf, dass viele Maßnahmen aus dem Oberösterreich-Plan - einem Investitionsprogramm nach Corona - weiter wirken würden. Dass Niederösterreich einen Strompreisrabatt gewährt, sieht Mahr als reines „Wahlzuckerl“. Dörfel widerspricht nicht explizit und meint, „Niederösterreich hat ein anderes System“.
Kritik an der EU
Was Maßnahmen gegen die Teuerung angeht, so braucht es nach Ansicht von Dörfel und Mahr vor allem Strukturänderungen, die nicht in der Sphäre des Landes liegen. Auch Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) verlangte am Freitag „international koordinierte Lösungswege“. Die EU habe sich nicht rechtzeitig „auf die vorhersehbaren Marktverwerfungen aufgrund der Sanktionen“ - zu denen er stehe, wie er betonte - vorbereitet. Von der Bundesregierung verlangte er Unterstützungen für Betriebe. „Denn kein Bundesland kann die schwierige Situation allein bewältigen.“
Im oberösterreichischen Budget für das nächste Jahr sollen dennoch Maßnahmen gegen die Teuerung enthalten sein, hielten die Klubobleute fest. Aber man sei noch beim Evaluieren, was wirklich treffsicher sei, blieben sie bei Details vage. Wann man zu einer Null-Schulden-Politik zurückkehren könne, ist noch unklar, beide halten es aber in dieser Legislaturperiode nicht mehr für sehr realistisch.
Digitaler Landtag
Eines der nächsten Projekte, das in Umsetzung kommt, soll der „digitale Landtag“ ab Jahreswechsel sein. Dann soll man online zu Gesetzesvorschlägen Stellung nehmen und Fragen an Landesregierungs- oder Landtagsmitglieder stellen können. Die Antworten werden veröffentlicht, ebenso die schriftlichen Anfragen von Abgeordneten an die Landesregierungsmitglieder samt Antworten.
Kritik der Neos
Das alles diene der Transparenz so Dörfel und Mahr sinngemäß. Weniger Freude haben sie hingegen mit der Forderung der NEOS, dass man die Einberufung einer Untersuchungskommission auch Minderheiten zugestehen solle. „Oberösterreich ist das letzte Bundesland, wo das ein Mehrheitsrecht ist“, hatte der pinke Klubchef Felix Eypeltauer am Donnerstag bei seiner Bilanz zu einem Jahr im Landtag kritisiert. Aber hier kommt ein klares „Nein“ von Schwarz-Blau. Dörfel begründet das damit, dass es dabei um die „Versachlichung“ gehe. Denn die Untersuchungsausschüsse im Parlament seien ja „zu Lynchjustiz und Volksbelustigung verkommen“.
Reform der Sozialhilfe
Einer der nächsten Punkte auf der Agenda von ÖVP und FPÖ ist die Reform der Sozialhilfe. Einerseits sollen Menschen mit Beeinträchtigung, Frauen in Notlagen und Wohnungslose mehr bekommen, andererseits ist die Verpflichtung Deutsch zu lernen enthalten. Konkret wollen die Regierungspartner, die seit Beginn ihrer Zusammenarbeit 2015 versuchen, eine verfassungskonforme Lösung dafür aufzustellen, eine „Bemühungspflicht“ um den Spracherwerb verankern. Ein konkretes Sprachlevel wird nicht vorgeschrieben, denn das ist laut VfGH nicht zulässig. Man bleibe der Linie treu, Integrationswilligkeit als Voraussetzung für Leistungen des Landes zu verankern, begründen Mahr und Dörfel ihr Vorhaben.
Kein Platz für Windkraft
Keine Richtungsänderung ist auch beim Thema Windkraft zu erwarten. Der oberösterreichische Windkraft-Masterplan ermöglicht kaum neue Projekt, nur das Repowering bestehender Anlagen. Hier werde laufend evaluiert, so Dörfel und Mahr, aber eine Änderung ist wohl nicht beabsichtigt. Man setze vielmehr auf Photovoltaik. Mahr, der „nicht auf jeden Gipfel ein Windrad“ will, sieht auch die Notwendigkeit von Pumpspeicherkraftwerken, die allerdings nur langsam in Umsetzung kommen. Dörfel betonte, dass die Energie AG in den kommenden Jahren eine Milliarde Euro in Stromnetze investiere, weshalb er einer Übergewinn-Abgabe eher skeptisch gegenüber steht. Insgesamt lautet das Mantra der Regierungspartner: „Klimaschutz mit Hausverstand“ - soll heißen, man setze auf technischen Fortschritt und will auch die Wirtschaft im Auge haben.
Grüne Kritik
Die Grünen sehen hingegen in der „schwarz-blauen Zweckehe schon lange ein Fall für den Scheidungsrichter“. Klubobmann Severin Mayr attestiert „eine lasche Energiewende, eine ignorierte Klimakrise, immer mehr verbauten Boden, ein verkrustetes Regierungssystem, mangelnde Transparenz, ein veraltetes Gesellschaftsbild“. Zudem lasse man „anders als in allen anderen Bundesländern die eigene Bevölkerung in der Teuerung alleine“.