Chronik/Oberösterreich

"Miteinander brächte Vorteile"

Angesichts der prekären Verhältnisse am Energiesektor wird sowohl in der Energie AG als auch in der Linz AG über ein offensiveres Miteinander nachgedacht – allerdings hinter vorgehaltener Hand. Zu schwer wiegt der parteipolitische Druck. Dabei muss man nicht wirklich Ökonom sein, um zu erkennen, dass es bei aller Unterschiedlichkeit noch genügend Synergien gibt, von denen auch Verbraucher profitieren könnten.

"Eine verstärkte Kooperation der beiden Unternehmen hätte in jedem Fall positive Effekte für den Kunden", ist sich auch Martin Graf, Vorstand der Regulierungsbehörde Energie-Control Austria, sicher. Angesichts der doch sehr verschiedenen Strukturen, sollte man laut Graf aber prüfen, ob die Kooperationen mit groben gesellschaftsrechtlichen Verschmelzungen begleitet werden sollten.

Gemeinsames Netz

Eine erste Zusammenarbeit gibt es seit 2007: Mit der gemeinsamen Tochter ENAMO, bei der die Energie AG 65 Prozent und die Linz AG 35 Prozent halten, wickelt man den Stromvertrieb ab – bereits zu Gunsten der Kunden: Zuletzt gewann die Stromvertriebstochter eine Ausschreibung vom Verein für Konsumenteninformation (VKI), bei der 68.000 Haushalte ihren Stromanbieter wechselten.

Laut Graf könnte der nächste Schritt beispielsweise ein gemeinsamer Netzausbau sein. "Das hat auch in Salzburg gut funktioniert."

Denn im Prinzip hat Oberösterreich nicht ein, sondern zwei große Netzgebiete. Die Leitungen der Linz AG versorgen den Raum Linz sowie grob die Bezirke Perg und Freistadt mit insgesamt rund 244.000 Kunden. Die Energie AG betreut den Rest des Bundeslandes sowie Teile von Salzburg und Steiermark mit insgesamt rund 450.000 Kunden. Daneben gibt es noch Wels Strom (die aber zu 49 Prozent der Energie AG gehört) und die kleinere, regionale Energie Ried.

Parallelstrukturen

Würden die zwei elementaren Netzgebiete unter einem Dach firmieren, wären laut Experten viele Parallelstrukturen vom Tisch. Sprich: eine Leitstelle, eine Wartung, eine Technik, eine Netzplanung – die Liste ließe sich lange fortführen.

Zweifel gibt es wiederum beim Thema Stromproduktion. Hohe Gaspreise und schleppende Wasserkraft zwangen die EAG zuletzt, rund 70 Prozent des Stromes fremd zu beziehen. Hier würde der Stromeinkauf gemeinsam mit der Linz AG nicht wirklich billiger, da die Preise an der Strombörse ohnedies vorgegeben sind.

Verwaltungsapparat

Vielmehr wirft das Einsparungsradar die Frage auf, ob es Parallelstrukturen in den doch beachtlichen Firmenzentralen der beiden Konzerne gibt – hinsichtlich doppeltem Verwaltungsapparat samt Personalabteilung oder Buchhaltung.

Den Anstoß für die frisch entfachte Fusionsdiskussion gab Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP), der kürzlich eine sukzessive gegenseitige Beteiligung der beiden Energieversorger forderte. Als Eigentümervertreter der Linz AG erteilte Bürgermeister Klaus Luger (SPÖ) dieser Forderung erwartungsgemäß eine Abfuhr.

ÖVP in Überzahl

Eine Verschmelzung bringe sogar Nachteile, da mit dem Gewinn aus dem Stromgeschäft andere Konzernbereiche wie der öffentlichen Verkehr querfinanziert werden, meint Luger. Für ihn bleibt aber auch die Gefahr, dass die ÖVP bei einer Vollfusion am Ende die schwarze Flagge über dem Konzern hissen könnte. Zum Größenvergleich: Die Linz AG erwirtschaftete zuletzt mit 2700 Mitarbeitern einen Umsatz von 664 Millionen Euro. Die Energie AG brachte mit 4600 Mitarbeitern 1,8 Milliarden Euro zusammen (auch wenn das Konzernergebnis 2012/’13 mit 28,8 Mio. Euro ins Negative drehte).

Ein "Erzroter" an Spitze

Ein gemeinsames politisches Wirken wird in Zukunft jedenfalls nicht leichter. Denn ab Oktober sitzt ein "Erzroter" und beinharter Verhandler an der Spitze der Linz AG: Erich Haider. Er war es auch, der als SPÖ-Chef 2008 den ersten Börsegang der Energie AG verhinderte. Zudem ist der gebürtige Mühlviertler bald auch im Aufsichtsrat derselben, da die Linz AG elf Prozent der Aktien hält. Für eine Stellungnahme war Haider nicht erreichbar.

Die anderen Eigentümer halten sich aus der Diskussion derzeit heraus: So meint Johann Herdina, Vorstand der Tiroler Wasserkraft AG, die gute acht Prozent an der EAG halten, lediglich: "Jede mögliche Hebung von Synergien ist in Hinsicht auf den ständig wachsenden Konkurrenzdruck am Energiesektor ein Gebot der Stunde." Auch die Raiffeisenlandesbank OÖ (RLBOÖ), die bei der EAG mit knapp 14 Prozent nach dem Land OÖ (52,6 Prozent) der größte Anteilseigner ist, möchte dazu nichts sagen. "Die politische Diskussion, die derzeit läuft, ist bei Raiffeisen nicht angekommen", heißt es auf Anfrage.

Es bleibt die Frage, ob das politische Machtgefüge am Ende den ökonomischen Zwängen – wie bei der Salzburg AG oder der Niederösterreichischen EVN, die beide aus Fusionen entstanden – weicht. Einerseits könnte das die internationale Bedrängnis am Energiemarkt sein, andererseits aber auch eine Prozessschlappe der Stadt Linz bei der Swap Affäre. Der Anteilstausch "Ferngas-Liwest" mit der Energie AG spülte zuletzt schon 25 Millionen Euro in die Stadtkasse.

Nomen est omen – das Projekt lief damals unter dem Namen „twogether“. Im Herbst 2000 schlossen sich die Salzburger Stadtwerke und die SAFE (Salzburger AG für Energiewirtschaft) zur Salzburg AG zusammen. Als Einstandsgeschenk gab es gleich einmal für alle 260.000 Kunden einen Monat Gratisstrom.

Ergebnis verzehnfacht

Warum sich die von der SPÖ-dominierten Stadtwerke und die von der ÖVP regierte SAFE (sie gehörte zu 64 Prozent dem Land Salzburg und zu 36 Prozent der Energie AG) einst zusammengerauft haben? „Sowohl die Stadtwerke als auch die SAFE wären alleinstehend in ihrer damaligen Form heute nicht wettbewerbsfähig. Ziel war es, ein starkes, heimisches Energieunternehmen mit fairer Preispolitik zu gründen“, erinnert sich August Hirschbichler, Vorstand der heutigen Salzburg AG.
Partei-HickhackHelmut Hüttinger (Bürgerliste), damaliger Aufsichtsratsvorsitzen der Stadtwerke, meinte nach der Verschmelzung: Man habe parteipolitisches Hickhack draußen gelassen und die Mitarbeiter in hohem Maße eingebunden. Die heimische Energiewirtschaft solle kooperieren anstatt zu konkurrenzieren.

Heute, 14 Jahre später, hätte sich die Fusion laut Hirschbichler jedenfalls bezahlt gemacht. „Wir haben den Umsatz seither verdreifacht, das wirtschaftliche Ergebnis verzehnfacht.“
Entstanden ist letztlich ein Mischkonzern, der in den Bereichen Energie aber auch im Transport (Salzburger Linien) und in der Telekommunikation tätig ist.

Aber es gab beim Unternehmen, das heute zu 43 Prozent dem Land, zu 31 Prozent der Stadt und zu 26 Prozent der EAG gehört, nicht nur Synergien und eine breitere Produktpalette, sondern auch ein straffes Kostenmanagement. Von den einst 2438 Mitarbeitern bei der Gründung blieben – großteils durch Pensionierungen und Vorruhestandsmodell e – nur mehr etwa 2000 übrig. Mit diesen erwirtschaftete die Salzburg AG im vergangenen Geschäftsjahr 2013 einen Umsatz von 1,36 Milliarden Euro, ein Minus von 7,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr.