Chronik/Oberösterreich

„Mein Leben ist zerstört“

21 Jahre lang lebte Albert S. aus Laussa, Bezirk Steyr-Land, in dem Glauben, er sei der leibliche Vater von vier Kindern. Gerüchte, dass es seine damalige Lebensgefährtin mit der Treue nicht allzu ernst nehme, ignorierte der Gutgläubige beharrlich. Erst als sich die Frau von ihm trennte, wurde der 50-Jährige misstrauisch und fand schließlich heraus, dass keines der vier Kinder, die er gemeinsam mit seiner Ex-Freundin großgezogen hat, von ihm ist (der KURIER berichtete). Nun spricht S. erstmals in einem Interview offen über Geldsorgen, DNA-Tests, Vertrauen und seinen 50. Geburtstag.

KURIER: Herr S., wie geht es Ihnen gut eineinhalb Jahre, nachdem Sie Ihrer ehemaligen Lebensgefährtin auf die Schliche gekommen sind?
Albert S.: Ich bin total verzweifelt, weiß oft nicht mehr, wie es mit mir weitergehen soll. Ich hab’ ständig Kopfweh, muss Tabletten gegen den hohen Blutdruck schlucken. Dazu kommen Geldsorgen. An die 50.000 Euro habe ich schon ausgegeben – für Anwalts- und Gerichtskosten sowie für DNA-Tests. Mir geht schön langsam das Geld aus. Mein Leben ist zerstört.

Das Gericht hat Ihnen doch 132.000 Euro an „Entschädigung“ zugesprochen. Die muss jener 74-jährige Altbauer zahlen, der als leiblicher Vater von drei der vier Kindern feststeht.
Ja, müsste er. Aber er hat beim Prozess vorgegeben, völlig mittellos zu sein. Bei dem ist nichts zu holen. Dabei hat er sein Leben lang gut gelebt. Ich hab’ schon alles Mögliche probiert. Ich schaue durch die Finger und niemand will mir helfen. Überall stoße ich gegen eine Mauer. Darum hab’ ich jetzt auch den Rechtsanwalt gewechselt. Es muss was weitergehen. Ich will das haben, was mir zusteht.

Sie wissen noch immer nicht, wer der leibliche Vater „Ihrer“ ältesten Tochter ist, oder?
Richtig. Ich denke jeden Tag darüber nach. Auch nachts, wenn ich wach im Bett liege. Die älteste Tochter ist jetzt 26, sie will mir nichts verraten. Dabei bin ich mir sicher, dass sie weiß, wer ihr leiblicher Vater ist. Das frisst mich innerlich auf. Ich kann rechtlich nichts machen, weil sie volljährig ist. Aber ich gebe nicht auf. Darum habe ich meine Ex-Lebensgefährtin, die mir das alles eingebrockt hat, wegen Betrugs angezeigt. Nun warte ich darauf, dass die Staatsanwaltschaft etwas unternimmt.

Sie leben in dem kleinen Ort Laussa im Ennstal. Da kennt jeder jeden. Wie reagieren eigentlich die Menschen dort auf Ihr Schicksal?
Die lassen mich zum Glück in Ruhe. Ich muss mir keine dummen Sprüche anhören. Was mich aufmuntert, ist die Tatsache, dass mich viele Frauen ansprechen und mir Mut machen. Niemand versteht, warum mir meine Ex-Lebensgefährtin das angetan hat.

Sie haben vor gar nicht allzu langer Zeit Ihren 50. Geburtstag gefeiert ...
... gefeiert? Ich bin bei mir zu Hause in der Küche gesessen. Alleine. Und hab’ über alles nachgedacht. Mein Leben ist ein Trümmerhaufen. So stellt man sich seinen 50. Geburtstag vor, oder?

Haben Sie nie Verdacht geschöpft, dass Sie Ihre ehemalige Lebensgefährtin betrügen könnte?
Nein, nie. Ich war ja immer arbeiten, um die Familie ernähren zu können, um ihr was bieten zu können. Zum Zahlen war ich gut genug. Sie hat mich schamlos ausgenutzt.

Wie schaut es mit einer neuen Beziehung aus?
Klar sehne ich mich nach Geborgenheit und nach einer neuen Liebe. Aber mir fehlt noch das Vertrauen in die Frauen. Ich bin bitter enttäuscht worden. Dieser Stachel sitzt tief.

Haben Sie noch Kontakt zu „Ihren“ Kindern?
Der wird immer weniger. Die große Tochter will nichts mehr von mir wissen. Auch den älteren Sohn sehe ich nie. Mit den beiden mittleren Kindern telefoniere ich ab und zu. Leider werden sie von ihrer Mutter beeinflusst. Irgendwann wird der Kontakt ganz abreißen. Was mir unendlich leid tut: Ich habe alles für die Kinder getan – und jetzt ist alles aus.