Chronik/Oberösterreich

KZ Mauthausen: Tauziehen um Zuständigkeit

Das Konzentrationslager Mauthausen soll künftig von einer Bundesanstalt mit dem sperrigen Titel "KZ-Gedenkstätte Mauthausen/Mauthausen Memorial" verwaltet werden. Das sorgt bei den Überlebenden des Holocausts für teils heftige Empörung. Sie sprechen von Parteipolitik und fühlen sich aus den Entscheidungsprozessen hinausgedrängt.

Das neue Gedenkstättengesetz wurde kürzlich vom Innenministerium in Begutachtung geschickt. Bisher war die Verwaltung der Gedenkstätte Mauthausen in einer Abteilung des Innenministeriums untergebracht. Stattdessen will man einen internationalen Erinnerungsort, der den aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung widerspiegelt. Bis dahin sind sich noch alle einig.

Doch wer künftig tatsächlich die Entscheidungsgewalt über hat, ist derzeit Gegenstand heftiger Diskussionen. Denn es soll ein Kuratorium geben und einen "gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Beirat in beratender Funktion". Das Kuratorium wird von mehreren Ministerien und vom Mauthausen Komitee (MKÖ) beschickt.

"Das MKÖ ist rot, das Innenministerium schwarz – da geht es um die Aufteilung", sagt Harald Grünn, Sprecher des KZ-Verbandes, der sich als Sprachrohr der Überlebenden sieht. Die Auslagerung einer so wichtigen Gedenkstätte halte er "grundsätzlich für gefährlich". So könne man sich aus der Verantwortung stehlen. Gerade bei so einer heiklen Angelegenheit sei es wichtig, dass der Staat oder ein Ministerium als Vertreter dahinterstehe. Laut Grünn war im ersten Entwurf, der inoffiziell verteilt wurde, nicht einmal der beratende Beirat angeführt.

"Nicht unabhängig"

"Außerdem wird die Gedenkstätte einer parlamentarischen Kontrolle entzogen", schreibt auch der Verein "Vermittler-Initiative" in einer Stellungnahme. "Dieses Aufsichtsratsgremium ist nicht unabhängig, schon gar nicht von Parteipolitik", heißt es.

"Keineswegs eine sinnvolle Lösung", sieht Eva Blimlinger, Rektorin der Akademie für bildende Künste. Mauthausen solle in eine Bildungseinrichtung, wie etwa eine Universität, umgestaltet werden: "Nur das garantiert eine weitgehende Autonomie, nicht aber eine Bundesanstalt." Blimlinger lehnt den Entwurf in der vorliegenden Form ab. Gleiches gilt für die Arbeitsgemeinschaft der NS-Opferverbände, die meint, nur als "Alibi im Gesellschaftlichen Beirat genannt zu werden ist absolut zu wenig".

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Als "Schritt in die richtige Richtung" sieht es hingegen Willi Merny, Vorsitzender des MKÖ und Gewerkschafter. Er meint aber, selbst mehr erwartet zu haben; auch dass es "internationaler" werde. Er betont, dass viele Gruppen in dem Beirat sitzen, von den Zeugen Jehovas bis zu den Kommunisten. Also "alle ehemaligen Opfergruppen".

Das Innenministerium möchte zu der harschen Kritik auf Anfrage des KURIER keine Stellung abgeben, so lange die Begutachtungsfrist läuft. "Dann werden wir uns alles anschauen", sagte ein Sprecher. Die Begutachtungsfrist endete in der Nacht auf heute, Mittwoch.

Enteignungen

Kritik kommt auch von staatlichen der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), in deren Eigentum sich Teile der Gedenkstätte befinden. Die BIG sieht sich de facto enteignet, ist doch im Entwurf von einer "unentgeltlichen Überlassung" die Rede. Die sei "aus verfassungsrechtlichen Gründen unzulässig".

Das Konzentrationslager war gemeinsam mit jenem in Gusen Zentrum eines Systems von mehr als 40 Außenlagern zwischen 1938 und 1945 und zentraler Ort politischer und rassistischer Verfolgung durch das NS-Regime auf österreichischem Territorium.

Von den insgesamt etwa 190.000 inhaftierten Personen wurden mindestens 90.000 getötet. Die Führung der KZ-Gedenkstätte als nationaler und internationaler Erinnerungsorthat die Aufgabe, individuelles und kollektives Gedenken an die Opfer des KZ Mauthausen und seiner Außenlager in all ihren möglichen kulturellen Ausdrucksformen zu unterstützen und zu fördern, heißt es im Gesetzesentwurf.