Chronik/Oberösterreich/Linz

Linzer Puppentheater: Die Welt mit den Augen der anderen sehen

von Christa Koinig

Neulich wollte ich eine Fliege einfangen, die sich auf den Frühstückstisch gesetzt hatte. Ich hätte sie gern nach draußen bugsiert, doch jedes Mal, wenn ich mich ihr genähert hab’, war sie flugs wieder weg, um sich im nächsten Augenblick wieder vor meine Nase zu setzen und mich frech anzuschauen.

Was glotzt du so, wollte ich sagen, tat es aber nicht, weil es unhöflich ist, auch einer Fliege gegenüber. Aber sie hat gleich ganz keck gemeint, „Fliegen sehen viel besser als du glaubst, mit unseren riesigen Facettenaugen können wir Hunderte Bilder pro Sekunde voneinander trennen, daher kommen uns schnelle Bewegungen ganz langsam vor. Wir sehen alles irgendwie in Zeitlupe und haben daher genug Zeit zu reagieren.“ Als ich darauf geantwortet hab’, “So perfekt seid ihr dann auch wieder nicht. Wenn euch ein Frosch entdeckt, dann heißt’s flott sein, sonst seid ihr gleich einmal ein Frühstück“, da war sie fast ein wenig beleidigt.

Schlangen sehen anders als Bienen

Das wollte ich eigentlich nicht und hab’ gleich ergänzt, dass ich weiß, dass Tiere mit dem Sehen den Menschen weit überlegen sind. Und dass es echt cool wäre, mit den Augen so mancher Tiere schauen zu können. Schlangen sehen anders als Bienen oder Hummeln, das Chamäleon kann die Augen einzeln drehen und Falken können ihre Beute sogar aus acht Kilometern Entfernung erspähen. So ein gutes Fernglas gibt’s für Menschen gar nicht. Weil ich grad bei den Menschen bin, irgendwie wär’s schon gut, wenn sie manchmal mit den Augen anderer Leute sehen könnten. Vielleicht würden sie dann besser verstehen, warum manche Menschen sind wie sie sind. Und vielleicht wäre die Welt dann auch ein bisschen besser.

Christa Koinig ist künstlerische Leiterin des Linzer Puppentheaters.