"Landesrätin wäre reizvolle Aufgabe"
KURIER: Sie sind seit knapp zwei Jahren Landessprecherin der Grünen. Wie lautet Ihre Zwischenbilanz?
Maria Buchmayr:Die ist sehr positiv. Wir hatten eine erfolgreiche Wahl nach der anderen. Das begann bei der Nationalratswahl, dann hatten wir ein Spitzenergebnis bei der EU-Wahl. Landesintern war die Wirtschaftskammerwahl sehr erfolgreich, auch die Landwirtschaftskammerwahl, wo die Grünen erstmals ins Bauernparlament eingezogen sind. Auch bei der Arbeiterkammerwahl haben wir zugelegt, genauso wie die Grünen Pädagogen. Meine Aufgabe als Landessprecherin macht mir riesigen Spaß, die Motivation wächst von Tag zu Tag, auch in Hinblick auf die Landtagswahl.
Gab es keine negativen Erlebnisse?
Es ist immer die Frage, wie man Niederlagen definiert. Man lernt auch aus negativen Dingen.
Empfinden Sie es als politische Niederlage, dass der Westring gebaut wird?
Nein, das würde ich nicht als politische Niederlage definieren. Der Westring ist ja ein Uralt-Umweltzerstörungsprojekt. Wir Grüne haben alles getan, um den Westring zu verhindern. Wenn man bedenkt, was da in Linz alles passieren soll in den nächsten 15 Jahren, diese Baustelle quer durch Linz, dann kann ich das noch immer nicht akzeptieren.
Im Sommer wird der Spatenstich für den Westring erfolgen.
So, wie es aussieht, ja. Aber aus meiner Sicht ist der Weg trotzdem noch nicht zu Ende gegangen.
Was wollen Sie juristisch noch ausrichten? Das UVP-Verfahren ist praktisch durch.
Man darf nicht vergessen, dass im Herbst Landtagswahlen bevorstehen, in Linz wird ein neuer Gemeinderat gewählt. Auch das wird möglicherweise noch zum Umdenken anregen.
Sie haben also noch Hoffnung, dass der Westring verhindert werden kann.
Hoffnung ist in diesem Fall keine Kategorie. Wir tun auf jeden Fall alles, um dieses Projekt noch zu stoppen.
Warum sind Sie eigentlich nicht Grüne Spitzenkandidatin für die Landtagswahl?
Die Frage hat sich nie gestellt. Rudi Anschober ist seit zwölf Jahren höchst erfolgreicher Landesrat, er ist ein hervorragender Spitzenkandidat. Ich bin stolz und glücklich, auf Platz zwei der Landesliste zu stehen.
In der Öffentlichkeit wird Rudi Anschober noch immer als Chef der Grünen wahrgenommen. Das stört Sie offenbar nicht.
Wir definieren uns als Team. Rudi Anschober ist unser Spitzenkandidat und Landesrat. Ich bin Landessprecherin, wir arbeiten sehr gut zusammen. Sollten wir einen zweiten Landesrat bekommen, würde ich mich selbstverständlich darum bemühen.
Sie möchten Landesrätin werden?
Das ist eine sehr reizvolle Option. Derzeit stellt sich die Frage aber nicht.
Für einen zweiten Sitz in der Landesregierung müssten die Grünen etwa 17 Prozent der Stimmen erreichen. Rudi Anschober hat sein Wahlziel mit 13 Prozent definiert.
Ich definiere das lieber in Stimmen. Wir wollen 100.000 Stimmen. 2009 waren es 78.569 Stimmen. Ich bin überzeugt davon, dass wir dieses Ziel erreichen.
Die Grünen haben mittlerweile 106 Gemeindegruppen in Oberösterreich. Der Organisationsgrad wächst.
Die Leute kommen derzeit quasi von selbst zu uns. Viele sagen, sie wollen in ihrer Gemeinde mitgestalten. Da gibt es momentan eine Welle des Engagements, das zieht sich quer durch die Gemeinden und die Bevölkerung.
Wenn man sich den beginnenden Wahlkampf anschaut: Die ÖVP möchte Oberösterreich in die Champions League bringen, die Grünen wollen, dass Oberösterreich oben bleibt. Was heißt denn das eigentlich?
Oberösterreich ist in vielerlei Hinsicht ein Vorreiterland, zum Beispiel in der Ökoenergiebranche. Die Grünen sind der Garant dafür, dass das so bleibt. Laut Sora-Umfrage halten 54 Prozent der Oberösterreicher Schwarz-Grün für die beste Koalitionsvariante.
Sie sind also für eine Fortsetzung der schwarz-grünen Regierungszusammenarbeit.
Ich spreche mich ganz klar für eine Fortsetzung der Regierungsarbeit der Grünen aus. Nach der Wahl muss man schauen, welche Konstellationen es gibt. Rein rechnerisch wird sich eine Koalition nur mit der ÖVP ausgehen.
Am liebsten wäre Ihnen das in einer Mehrheitsregierung, nicht in einem Proporzsystem.
Das Proporzsystem abzuschaffen, ist eines unserer großen Ziele, am besten noch vor der Wahl.
Das wird sich wohl nicht mehr ausgehen.
Der Tenor in den Ausschüssen geht in die Richtung, dass der Proporz nicht mehr zeitgemäß ist. Wenn Oberösterreich in die Champions League aufsteigen und oben bleiben soll, dann gehört der Proporz abgeschafft.
Die Grünen könnten dadurch ihren Regierungssitz verlieren.
Es geht uns nicht ums Macht sichern, es geht uns um die Sache. Das unterscheidet uns glaube ich auch von den anderen.
In Oberösterreich wird immer das gute Miteinander betont, die ÖVP will Zusammenarbeit statt Haxlbeißen. Bei einer Mehrheitsregierung könnte sich das ändern.
In Der Opposition zu sein, heißt nicht automatisch haxlbeißen. Man kann schärfer sein, aber trotzdem konstruktive Politik machen. Wenn jemand unter der Gürtellinie agiert, werden sich die Wähler ihr Bild machen.
Auf welche Themen werden die Grünen im Wahlkampf setzen?
Wir werden uns als Partei präsentieren, die für Transparenz, Niveau und Sauberkeit in der Politik steht. Wir sind gerade dabei, unserer "Zukunftsprogramm 2025" zu gestalten. Bei unserer Regionaltour haben wir viele Inputs aus der Bevölkerung bekommen.
Was wünschen sich die Menschen?
Umweltthemen haben einen großen Stellenwert, es gibt bekanntlich keinen Planet B. Dann wurde sehr oft der Bereich Verkehr und Mobilität angesprochen, auch Arbeit und Bildung. Bildungspolitik betrifft ja nicht nur die, die gerade Kinder in Ausbildung haben. Viele sagen, dass sie mit unserem Schulsystem nicht zufrieden sind.
Sie sind Grüne Frauensprecherin. Diese Woche war Equal Pay Day, also jener Tag, bis zu dem Frauen im Vergleich zu den Männern unentgeltlich arbeiten. Warum verdienen Frau nach wie vor weniger als Männer?
Zum einen sind Frauen überdurchschnittlich in schlechter entlohnten Berufen beschäftigt. Hier muss sich etwas ändern: Es ist nicht einzusehen dass eine Pflegekraft weniger verdient als ein IT-Experte, rein von der Bedeutung und Qualität der Arbeit her. Dann liegt es an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Meistens erledigen die Frauen die Familienarbeit, da ist ein Vollzeitjob nur schwer zu bewältigen.
Im öffentlichen Bereich kann die Politik gegensteuern. In der Privatwirtschaft ist es schwierig.
Man sollte Führungskräften bewusst machen, dass sie davon profitieren, wenn sie Frauen gleich behandeln. Als Firmenchef würde ich darauf achten, dass Frauen die Familienarbeit leisten, die gleichen Perspektiven haben. Es ist ungeschickt, wenn die Wirtschaft auf das Potenzial der Frauen verzichtet.