Kompromiss in Glockenstreit: Immaculata schlägt nachts vorerst nicht mehr
Von Jürgen Pachner
Der heute erzielte Konsens ist ein Schulbeispiel dafür, wie die Katholische Kirche mit Menschen umgehen sollte. Es wäre schön, wenn man Konflikte stets auf ähnlich konstruktive Weise lösen würde", lobte Rechtsanwalt Wolfgang List am Dienstag – nach der vorläufigen Einigung im Linzer Glocken-Rechtsstreit – die Dompfarre. Er habe für seinen Klienten Wolfgang Lassy, der durch lautes Geläute nachts regelmäßig um den Schlaf gebracht werde, einen akzeptablen Kompromiss schließen können. "Vermutlich war das aber nur möglich, weil die richtigen Leute zusammengekommen sind."
Auch sein Kollege Wolfgang Graziani-Weiss, der die Pfarre vertritt, lobte das konstruktive Klima: "Es war ein gutes Gespräch, bei dem versucht worden ist, eine vernünftige Lösung zu finden."
Um 13 Uhr hatten sich beide Anwälte und ihre jeweiligen Klienten – Kläger und Anrainer Wolfgang Lassy sowie Dompfarrer Maximilian Strasser – in der Kanzlei von Graziani-Weiss getroffen, um auf außergerichtlichem Weg nach einem Kompromiss zu suchen. Nur zwei Stunden später stieg weißer Rauch in Form einer Einigung auf.
Diese sieht vor, testweise rund drei Monate lang den Stundennachschlag der großen Glocke des Mariendoms, der Immaculata, zwischen 23 und fünf Uhr Früh auszusetzen. "Das heißt, sie schlägt das letzte Mal um 22 Uhr nachts und dann erst wieder am nächsten Tag um sechs Uhr Früh", sagt Graziani-Weiss.
Zusätzlich soll versucht werden, die beiden kleineren Glocken des Doms durch Begleitmaßnahmen in ihrer Lautstärke so weit zu dämpfen, dass sie den ortsüblichen Schallpegel von 50 Dezibel nicht überschreiten. Bei der Immaculata sind angeblich 74 Dezibel gemessen worden.
Start in zwei Wochen
"Ein dumpferer Klang ist sicherlich angenehmer", betont Lassy, der nur rund 100 Meter vom Dom entfernt wohnt und bisher allein um Mitternacht von insgesamt 28 Glockenschlägen aus dem Schlaf gerissen wurde. Den erzielten Kompromiss bewertet er als wesentliche Lärmminderung. "Ich bin zuversichtlich, künftig wieder besser zu schlafen." Er hofft, dass das Beispiel auch in anderen Pfarren Schule macht: "Die gesellschaftlichen Auswirkungen durch nächtlichen Lärm auf das Wohlempfinden der Menschen sind dramatisch. Von einer Glaubensgemeinschaft wie der Kirche sollte man sich da schon Verständnis erwarten können."
Die Testphase wird vermutlich in rund zwei Wochen starten. "Der Pfarrer kann das Aussetzen des Stundennachschlags natürlich nicht einfach selbst regeln, sondern muss Techniker beauftragen, die das Schlagwerk entsprechend adaptieren", erklärt Graziani-Weiss.