Chronik/Oberösterreich

Kinder wollen Grünkernschnitzerl und Königsberger Klöpse nicht

Mama, ich hab Hunger’, ist meist das Erste, das ich von Benjamin zu hören krieg, wenn ich ihn vom Kindergarten hole", sagt Iris Kapaun. Die alleinerziehende Linzerin ärgert, dass sie für den Dreijährigen zwar monatlich 30 Euro Essensgeld bezahlen muss, der Kleine die Menüs leider aber allzu oft verweigert. "Ich muss dann zu Hause erst recht wieder improvisieren", seufzt Kapaun.

Von mindestens vier anderen Müttern wisse sie, dass deren Kinder das Essen in der Betreuungsstätte Europastraße ebenfalls häufig nicht anrühren würden. "Wenn so exotische Gerichte wie Königsberger Klöpse mit Ebly oder Grünkern-Schnitzerl am Speiseplan stehen, ist das auch kein Wunder", betont die Mutter.Selbst Kindergärtnerinnen hätten ihr nicht sofort erklären können, was sich hinter diesen Namen genau verbirgt. "Ich glaube, das Angebot ist viel zu wenig auf den Geschmack der Kinder abgestimmt. Warum serviert man nicht einfach Spaghetti Bolognese oder Fischstäbchen, anstatt Spaghetti mit Pesto oder Pangasius-Filet?" Auch Griesnockerl- oder Frittatensuppe würde der Sohn lieber auf den Tisch bekommen als nur gebundene Gemüsesuppen. "Faschierte Leiberl mit Püree isst er aber mit Begeisterung."In der Krabbelstube habe es derlei Probleme nie gegeben. "Im Gegenteil, da haben Betreuer erzählt, dass manche Kinder sogar bis zu drei Portionen verdrücken." Vor fünf Wochen haben sie Bürgermeister Klaus Luger (SP) daher schriftlich über den mutmaßlichen Missstand berichten wollen, doch der habe nicht reagiert. "Ich hab’ auch mit den Kindergarten-Tanten geredet. Die haben bestätigt, dass wir mit dem Problem nicht allein dastehen, uns aber auch klar gemacht, dass sie machtlos sind."

Qualitätskriterien

Laut FP-Stadtrat Detlef Wimmer werden die Speisen für den Kindergarten Europastraße derzeit im nahe gelegenen Seniorenzentrum Spallerhof zubereitet: "Vermutlich werden dort eher die geschmacklichen Bedürfnisse der eigenen Bewohner berücksichtigt." Letzteres bestreitet der zuständige Sozialreferent Stefan Giegler (SP): "Das weise ich entschieden zurück." Das wichtigste Kriterium sei eine ausgewogene, vielfältige und gesunde Ernährung. "Für die Erstellung der Qualitätsmaßstäbe der Menüs haben wir extra auch eine Ernährungswissenschaftlerin beigezogen."

Das beeindruckt Benjamin wenig: Nach dem Kindergarten besuchte der hungrig gebliebene Bub am Dienstag mit der Mutter einen Gasthof.