Chronik/Oberösterreich

Für Ex-Heimkind war Prozess lebensbedrohlich

Die Zivilrechtsverhandlung am 18. Oktober 2012 im Landesgericht Linz war für Jenö Molnar emotional extrem belastend. Das Ex-Heimkind, das wegen „institutionalisierten Unrechts“ 1,6 Millionen Euro Schadenersatz vom Land OÖ fordert, sah sich mehrfach gezwungen, den Saal zu verlassen: „Diese Unfairness halte ich nicht aus.“

Zurück in seiner Heimatstadt Trier (Deutschland) erlitt der 66-Jährige nur drei Tage später einen lebensbedrohlichen Zusammenbruch. Ärzte des Klinikums Mutterhaus der Borromäerinnen in Trier diagnostizierten einen Schlaganfall (Apoplex mit sekundärer Einblutung), eine Lungenentzündung (Pneumonie) und eine Herzmuskelschwächung (Kardiomyopathie). Molnar stand kurz vor dem Herzstillstand. Er musste reanimiert und wochenlang auf der Intensivstation mit künstlichem Sauerstoff beatmet werden. Seit damals ist er aber nicht mehr der Alte. Er wurde zwar am 16. November in häusliche Pflege entlassen – doch seine Herzleistung beträgt nur noch 25 Prozent. Molnar muss nun täglich Medikamente einnehmen und sich jede Woche medizinischen Checks unterziehen. Die Gefahr eines Infarktes scheint nicht gebannt. Eine Teilnahme an weiteren Verhandlungen haben ihm Ärzte daher strikt untersagt. Sein Umfeld versucht , jede Aufregung von ihm fernzuhalten. Allerdings: Sollte der Ernstfall eintreten, besteht eine letztwillige Verfügung, dass Molnars Erben – im Fall seines Todes – den Prozess weiterführen.

Expertise

Organische Auslöser für Molnars rapiden körperlichen Verfall wurden bisher nicht gefunden. Die Ursachen dürften allein psychisch gewesen sein. Ein dem KURIER vorliegendes Gutachten des Psychiaters Wilhelm Claasen sieht sogar eine unmittelbare Verbindung zwischen der für Molnar sehr belastenden Gerichtsverhandlung und seinem Kollaps. „Ein Zusammenhang zwischen den psychischen und somatischen Erkrankungen sowie dem Prozess am 18. 10. und der stationären Behandlung vom 21. 10. bis 16. 11. 2012 besteht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“, diagnostiziert Claasen.

Bei Molnar seien langzeitliche Traumafolgestörungen aufgetreten. Während des Prozesses soll es zu einer Retraumatisierung gekommen sein, weil Molnar den Eindruck gewonnen habe, dass „man ihm nicht glaubte und alles wie früher war“. Der Stress bei dieser Verhandlung hätte schließlich zum Schlaganfall geführt und die Lungenentzündung ausgelöst.

Molnars Anwälte überlegen nun eine Erhöhung der vom Land geforderten Entschädigungszahlung.