Doch kein Ende im Linzer "Glockenstreit"
Von Jürgen Pachner
Seit Ende Februar findet der Linzer Architekt Wolfgang Lassy in der Nacht wieder mehr Ruhe. Wie berichtet, ist es seinem Anwalt Wolfgang List gelungen, im Glocken-Rechtsstreit mit der Dompfarre einen vorübergehenden Kompromiss zu erzielen. Dieser sieht vor, dass in einer mehrmonatigen Testphase der Stundennachschlag der großen Glocke („Immaculata“) im Mariendom zwischen 23 und fünf Uhr Früh aussetzt. Außerdem sollten die beiden kleineren Glocken in ihrer Lautstärke so weit gedämpft werden, dass sie den ortsüblichen Schallpegel (maximal 50 Dezibel) nicht mehr überschreiten.
Der Erfolg der Maßnahmen scheint für Lassy bereits spürbar. „Es ist jetzt endlich möglich, mehrere Stunden durchzuschlafen – allerdings nur bei geschlossenen Fenstern“, betont der 57-Jährige.
Seine gegen die Dompfarre angestrengte Zivilklage will er vorerst allerdings nicht zurückziehen. „Mit einem schwachen Kompromiss möchte ich diesen Rechtsstreit nicht beenden“, betont er.
Der Architekt wünscht sich von der gegnerischen Partei ein noch größeres Entgegenkommen. Bis zum nächsten Gerichtstermin am 19. Juni soll in Gesprächen nach weiteren – für beide Seiten akzeptablen – Lösungen gesucht werden. „Mir geht es nicht nur um mich und meine Familie, sondern um die Lebensqualität aller Bewohner des Domviertels“, erklärt Lassy. Er kenne allein rund 150 Personen in der Nachbarschaft, die, falls erforderlich, sein Anliegen nach reduziertem Glockenlärm sofort unterschreiben. „Außerdem weiß ich konkret von zwei weiteren Anrainern, die ebenfalls klagen wollen, falls sich die Pfarre in der Causa nicht noch mehr bewegt.“
"Läutordnung"
Ziel müsse eine respektvolle Abwägung zwischen Anrainerschutz und Kircheninteressen sein: „Es geht um ein menschliches Miteinander.“
Es sei nicht einzusehen, dass etwa Lärmreduktionsmaßnahmen, die im Wiener Stephansdom längst üblich seien, nicht auch für den Mariendom gelten können.
„Muss denn am Tag wirklich so häufig und lang geläutet werden wie derzeit?“, fragt Lassy. Schließlich mache es einen großen Unterschied aus, ob Glocken eine oder fünf Minuten nonstop zu hören sind. „In Linz beträgt die maximale Läutdauer sogar sieben Minuten.“ Bei Gottesdiensten seien meist nur 20 bis 40 Gläubige im Mariendom. „Daher sollte man sich über die Verhältnismäßigkeit schon auch Gedanken machen.“
Lassy wünscht sich außerdem eine fixe „Läutordnung“ ähnlich der des Wiener Stephansdoms. „Dort lässt man die Pummerin nur bei Sonderanlässen erklingen. Auch im Linzer Dom sollte geregelt sein, wie oft und lang geläutet wird.“
Sein Kampf für weniger Glockenlärm stößt aber nicht überall auf Zustimmung, das kriegt er auch am eigenen Leib zu spüren. Lassy: „In Briefen wurde mir angedroht, den Schädel einzuschlagen – und ich bekomm' immer wieder Drohanrufe.“