Chronik/Oberösterreich

Diskussion um Erinnerungstafeln an jüdische Nazi-Opfer in Linz

Eine neuerliche Kritik der israelischen Botschafterin Talya Lador-Fresher an einem Nein in Linz zu "Stolpersteinen" - Erinnerungstafeln an jüdische Nazi-Opfer - in einem Interview in den Oberösterreichischen Nachrichten (Freitag-Ausgabe) hat eine Diskussion ausgelöst. Die Stadt Linz will die Kritik nicht hinnehmen und verweist auf ihre viel weitergehenden Aktivitäten.

Lador-Fresher hatte bereits bei der Feier zum 50-jährigen Jubiläum der Wiedereinweihung der Synagoge, die 1938 zerstört worden war, am 26. April in Linz bemängelt, dass es in der oberösterreichischen Landeshauptstadt keine Gedenk- oder Hinweistafel an jüdische Naziopfer gebe. Sie forderte das Projekt "Stolpersteine" - kleine, in den Boden eingelassene Gedenktafeln aus Messing - für jene Juden, die in der NS-Zeit verfolgt, deportiert oder vertrieben wurden. "Linz ist die einzige Stadt im deutschsprachigen Raum, die ich kenne, die das nicht erlaubt. Das kann ich einfach nicht begreifen, ehrlich", wird sie in der Zeitung zitiert.

Der Kulturdirektor der Stadt Linz, Julius Stieber, hielt auf APA-Anfrage der Kritik entgegen: "Das ist nicht wirklich zutreffend." Die Stadt sei seit Herbst vergangenen Jahres mit der Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) Linz, Charlotte Herman, mit bestem Einvernehmen in engem Austausch, um ein Gedenken an die jüdischen NS-Opfer im öffentlichen Raum zu bearbeiten und zu platzieren. Es gehe um den Wunsch nach einem personalisierten Erinnern an konkrete Opfer an einem konkreten Ort. Ob dies durch "Stolpersteine" oder auf andere Art erfolgen soll, sei noch offen. Beide Seiten wollen aber noch heuer ein Ergebnis schaffen, versicherte er. Die Botschaft sei dafür nicht der richtige Ansprechpartner, die IKG sei vor Ort.

Immer wieder darum gekümmert

Stieber betonte, Linz habe sich immer wieder um das Thema gekümmert, dieses unter anderem auch wissenschaftlich aufgearbeitet. Es habe mehrere Publikationen und Ausstellungen gegeben, auch heuer wieder. Der Kulturdirektor erinnerte weiters an eigenständige und selbstkreierte Projekte wie im Jahr 2009 - als Linz Europäische Kulturhauptstadt war - mit dem Titel "In Situ" (lateinisch für "an Ort und Stelle", Anm.). Dabei wurde mit Spray-Aktionen an 65 Schauplätzen auf Orte im Zusammenhang mit der NS-Zeit sowie weitgehend unbekannte Einzelschicksale hingewiesen.

Heuer werde aus den Anlässen 100 Jahre Republik und vor 80 Jahren Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland ein von Stadtarchiv und Ars Eletronica Center gestalteter Hörraum zum Thema Zwischenkriegszeit auf dem Martin-Luther-Platz - einem prominenten Ort im Stadtzentrum - eingerichtet. Bei dem mit 120.000 Euro dotierten Projekt werde auch auf die jüdische Geschichte im Zusammenhang mit den Nationalsozialisten eingegangen. Nicht zuletzt beteilige sich die Stadt heuer an der Sanierung des jüdischen Friedhofes.

Der in Braunau geborene NS-Diktator Adolf Hitler (1889-1845) hatte in Linz die Schule besucht und die Stadt immer als seine "Heimatstadt" betrachtet. Während des NS-Regimes trug Linz als eine von nur fünf Orten des Deutschen Reiches den Titel "Führerstadt". Hitler wollte hier seinen Alterssitz errichten und plante längerfristig einen umfangreichen monumentalen Umbau der Stadt, der jedoch nicht verwirklicht wurde. Auch Adolf Eichmann, einer der Hauptorganisatoren des Holocausts, wuchs in Linz auf.