Nichts ist selbstverständlich
von Christa Koinig
Seit einer Woche ist sie da, die Sommerzeit. Ich habe mit ihr wieder ein Problem. Ich hab’ nämlich Angst, dass ich zu spät munter werde, schlafe schlecht und träume eigenartig. Kürzlich hab’ ich geträumt, dass die Sonne nicht mehr aufgegangen ist, die ganze Welt war grau und finster. Darüber habe ich lange nachdenken müssen. „Es ist doch selbstverständlich, dass die Sonne jeden Morgen aufgeht, oder?“, hab’ ich Omama gefragt.
Wenn Liebgewordenes verschwindet
„Nichts auf der Welt ist selbstverständlich“, hat sie geantwortet, „wir glauben, dass es für uns selbstverständlich ist, in einem friedlichen Land zu leben, dass wir zu essen haben und uns aussuchen können, was wir wollen. Wir müssen nicht meilenweit laufen, um frisches Wasser zu holen, unser Strom kommt aus der Steckdose und wir denken gar nicht weiter darüber nach. Wir fangen erst an, uns Gedanken zu machen, wenn etwas Liebgewordenes nicht mehr da ist. Wir haben großes Glück, dass es hier und jetzt so ist, wie es ist, und wir sollten uns das immer wieder in Erinnerung rufen. Wir müssen froh darüber sein, dass wir die wärmenden Strahlen der Sonne fühlen können. Wir müssen glücklich sein, dass es jemanden gibt, der uns gern hat. Wir sollten uns über jeden neuen Tag freuen. Das alles ist ein Geschenk, und dafür sollten wir dankbar sein.“
„Ja eh, aber bei wem soll ich mich dafür bedanken?“, wollte ich wissen. „Es ist ein Geschenk des Universums“, hat Omama schmunzelnd geantwortet. Na dann, danke, liebes Universum! Auch ein großes Danke dafür, dass ich der Seppy bin und dass ich die Kinder mit meinen Geschichten unterhalten darf, denn auch das ist nicht selbstverständlich.
Christa Koinig ist künstlerische Leiterin des Linzer Puppentheaters