Aus den Tiefen des Attersees: Die Bibelot II ist aus 130 Meter wieder aufgetaucht
Von Sandra Baierl
Da war sie wieder: die Bibelot II.
Samstag Nachmittag hing sie am Kran im Yachtclub UYCAS, nachdem sie vor zwei Wochen auf den Grund des Attersees gesunken war - auf 130 Meter Tiefe. In einer komplexen Bergungsaktion konnte sie nun von der Österreichischen Wasserrettung (Oberösterreich und Salzburg) wieder an die Oberfläche gebracht werden. Auf den ersten Blick unversehrt. "Es ist ein großartiges, überwältigendes Gefühl", sagt Sascha Grigkar von der Eignerfamilie, der bei der Bergung mit dabei war.
Der Untergang
Es war das Gesprächsthema am See, als am 2. August eines der schönsten Segelschiffe des Attersees zwischen Weyregg und Attersee sank. Die Bibelot II ging während einer Segelmeisterschaft innerhalb weniger Minuten unter. Ein Titanic-Moment, nur ohne Eisberg. Die vier Männer an Bord konnten sich glücklicherweise unverletzt retten. Hier gilt der besondere Dank der Crewmitglieder an das Team der Wettfahrtleitung von Gert Schmidleitner vom UYCAS. Seither lag die Yacht in den Tiefen des Attersees. Die Rettungsmannschaft markierte noch schnell den Punkt des Untergangs mit einem GPS-Signal. Man wusste also, wo man gegebenenfalls nach dem Schiff suchen – oder tauchen musste.
"Wir wollten sie unbedingt bergen"
Die Yacht, seit zehn Jahren in Besitz der Familie Grigkar, ist ein beeindruckendes Segelschiff. Sie ist eines der schönsten Schiffe am Attersee, ein wunderschönes Holzboot, das flach auf dem Wasser liegt. Baujahr: 1992 in Maine (USA). Sie wird regelmäßig in Sonderklasse-Regatten von erfahrenen Seglern gesegelt. So auch am 2. August – als der Wind besonders gut, die Rahmenbedingungen während der Regatta aber besonders anspruchsvoll waren. Und das Schiff während eines Manövers unterging.
Sollte sie für immer auf dem Grund des Attersees liegen? Man entschied sich dagegen – und für eine Bergung.
Sascha Grigkar: "Es war für uns immer klar, dass wir zumindest versuchen werden, sie zu holen. Ob es funktioniert, war aber nicht klar", erzählt er. Denn: "Zuerst mussten wir sie finden, dann heben, das Schiff musste die Prozedur verkraften - alles sehr heikel und kompliziert."
Meisterleistung der Österreichischen Wasserrettung
Eine Segelyacht aus 130 Meter Tiefe zu bergen ist ein Kunststück, das die Österreichische Wasserrettung einmal mehr vollbrachte. Die Bergung verlief ohne nennenswerte Zwischenfälle, wenn auch in mehreren Etappen. Schon wenige Tage nach dem Untergang der Bibelot II konnte das Boot mittels Sonars geortet und mit einer Unterwasserkamera identifiziert werden. Um in dieser Tiefe arbeiten zu können, um Leinen am Boot zu befestigen, um es hochzuziehen, bedarf es besonderer Vorkehrungen.
Im Video: Wie das Boot mit den Bergeballonen auftaucht. Wie ein Wal aus dem Meer. Danke für das Video, A.L.
Der Wasserdruck liegt in dieser Tiefe bei 14 Bar, normale Atemluft ist für die Taucher nicht mehr ausreichend. Überhaupt können nur speziell geschulte Taucher in diese Tiefe vordringen. Für die Arbeit in 130 Meter Tiefe, zwei Taucher gingen schon am 15.8. hinunter, bleiben auch nur wenige Minuten. Die meiste Zeit wird für den Wiederaufstieg gebraucht, weil Dekompressionspausen dazu zwingen. Im zweiten Anlauf ist es geglückt, die Bergeleine am Schiff zu befestigen.
"Kontrolliert und professionell"
Am Samstag, 17.8., schleppte die Wasserrettung ein Floss (ein sogenanntes Ponton) mit einer Spezialseilwinde zur Untergangsstelle. Mit der Winde wurde das Segelboot auf zirka 20 Meter gehoben – und dann in seichtes Gewässer gebracht. Das Boot hängt dabei auf 20 Meter Tiefe und wird sozusagen unter Wasser gleitend abgeschleppt. Im nächsten Schritt befestigen Taucher Hebeballone am Boot, legen es nochmals am Grund ab, um die Leinen zu lösen. Dann lässt man das Schiff auftauchen, so weit, dass man das Wasser rauspumpen kann. Samstag Nachmittag kam die Bibelot II wieder in ihrem Yachthafen UYCAS an, wurde gekrant und wird jetzt inspiziert.
Die Eignerfamilie war sichtlich erleichtert und ist überwältigt von der Professionalität des Bergeteams. "Die Taucher haben sehr großen Mut bewiesen, 130 Meter in die Tiefe zu gehen, ist keine Leichtigkeit. Ohne diesen Enthusiasmus der Taucher und des gesamten Teams wäre das alles nicht gegangen. Das möchte ich wirklich sehr betonen, wie großartig das war und mich auch herzlich bedanken", sagt Sascha Grigkar. Man habe immer gesagt "es dauert so lange, wie es dauert" und hatte nie einen Stress bei der Bergung. "Es lief alles sehr kontrolliert und gut geplant ab, die haben ganz genau gewusst, was sie tun. Mit absoluter Risikominimierung und viel Erfahrung", sagt Grigkar.
Wie geht's dem Schiff?
Auf den ersten Blick scheint die Bibelot II unversehrt, hat ihr Unterwasserabenteuer also wahrscheinlich gut überstanden. Man hatte im Vorfeld spekuliert, dass der hohe Druck in der Tiefe dem Holz und den Verleimungen schaden könnte, dass sie eventuell brechen könnte bei der Bergung, schließlich musste sie Tonnen an Gewicht aushalten, als man sie an die Oberfläche zog. Ist alles nicht passiert, das Schiff ist heil retour und wird jetzt generalüberholt.
Jetzt: langsam trocknen
"Wie es dem Boot wirklich geht, wissen wir noch nicht. Der erste Anschein ist besser als gedacht, aber wir werden es sehen. Das Holz ist mit Wasser durchdrungen, das Boot also definitiv schwerer als beim Sinken", erklärt Sascha Grigkar.
Was jetzt passiert? Das Boot stehe in der Halle und wird auf möglichst langsame Weise entfeuchtet. "Es trocknet, das darf aber nur langsam passieren, sonst reißen die Planken auf oder wachsen Schwammerl drin. Dann kommt es in die Werkstatt", sagt der Bootseigner. Die professionellen Bootsexperten von Aysail sind da die helfende Hand.