Chronik/Oberösterreich

Bezirksgerichte zusammenzulegen war verfassungswidrig

Eine laut VfGH-Präsident Gerhart Holzinger "verfassungsrechtliche Schnurre" aus dem Jahr 1920 macht die Schließung der drei oö. Bezirksgerichte Enns, Bad Leonfelden und Pregarten im Nachhinein rechtswidrig.

Es geht darum, dass durch die im Jahr 2012 von der damaligen Justizministerin Beatrix Karl vorangetriebenen Auflösungen und Neuzusammenlegungen (Enns mit Steyr, Bad Leonfelden mit Freistadt und Pregarten mit Perg) die Grenzen der Gerichtssprengel verschoben wurden. Die Sprengel sind dadurch aber nicht mehr deckungsgleich mit den Grenzen der politischen Bezirke. Nach einem Übergangsgesetz (von der Monarchie zur Republik) aus dem Jahr 1920 dürfen einander die Grenzen von Gerichtsbezirken und politischen Bezirken aber nicht "schneiden". Laut VfGH ist das verfassungswidrig.

Als Konsequenz daraus dürfen nun sechs speziell für die Anfechtung der Zusammenlegung an das Höchstgericht herangetragene Verfahren (unter ihnen Sachwalterschaftsverfahren, Mietrechts- und Pflegschaftsverfahren) nicht mehr in Steyr, Freistadt und Perg weiterverhandelt werden. Für diese Anlassfälle müssen neue zuständige Gerichte gefunden werden. Alle anderen Verfahren dürfen jedoch in der "Reparaturfrist" bis 30. September 2015 weitergeführt werden. Bis dahin muss das Gesetz mit Zwei-Drittel-Mehrheit abgeschafft sein (wo-gegen sich FPÖ und Grüne bisher stemmten). Sonst müssten alle geschlossenen Bezirksgerichte (auch in anderen Bundesländern) wieder aufgesperrt werden.

"Die aktuelle Entscheidung des VfGH überrascht mich nicht – jede andere wäre gekünstelt gewesen", betont der Verfassungsexperte Andreas Janko, Professor an der Johannes Kepler Uni Linz. Er rechnet damit, dass nun auch andere aufgelassene Bezirksgerichte das Höchstgericht anrufen. "Und sie werden ebenfalls Recht bekommen – das Bezirksgericht Eferding wäre beispielsweise so ein Fall." Janko geht davon aus, dass der Gesetzgeber rasch versuchen wird, das anachronistische Gesetz zu entfernen. "Gibt es dafür keine Zwei-Drittel-Mehrheit, wäre etwa eine Ersatzlösung, ganze Sprengel einem Bezirk zuzuteilen."

Alfred Hartl, VP-Bürgermeister von Bad Leonfelden, fühlt sich durch den VfGH-Entscheid bestätigt. Er hat die Gerichtsauflassung in der Kurstadt stets massiv kritisiert: "Jeder Bezirk braucht ein Bezirksgericht." An eine Wiederöffnung des Standorts glaubt er aber nicht: "Als Kommunalpolitiker bin ich Realist, Halluzinationen haben andere."