Bahnkunden verzichten auf Geld
Der Kabelbrand im Schacht unter den Stellwerkes des Linzer Hauptbahnhofes am vergangenen Freitag wird Management und Mitarbeiter der ÖBB noch längere Zeit beschäftigten. Rund 15.000 Bahnkunden mussten wegen der Panne mit massiven Einschränkungen und Verspätungen fertig werden.
Doch für die Bahn sicher angenehm: Das Interesse an der gesetzlich zustehenden Entschädigung – ab einer Stunde Verspätung gibt es 25 Prozent des Ticketpreises, ab zwei Stunden die Hälfte – scheint auf wenig Interesse zu stoßen. Gerade einmal rund 500 Bahnkunden haben bisher wegen des Chaos vor dem Beginn der Osterferien Entschädigungsanträge an die ÖBB gestellt.
"Es werden derzeit täglich rund 150 verschiedenste Ersatzforderungen an uns gestellt. Wir werden jeden Fall sorgsam prüfen und uns um kulante Lösungen bemühen", berichtet ÖBB-Sprecher Karl Leitner.
Hinter vorgehaltener Hand ist im Konzern aber auch von mitunter sehr überzogenen Forderungen die Rede, manch einer will auch gleich alle möglichen Folgekosten bis hin zu Flugtickets rückerstattet haben. Dabei sei ein Brand eindeutig höhere Gewalt.
2013 war Rekordjahr
Doch die Bahnkunden verzichten offenbar ohnehin zunehmend auf ihre ihnen zustehende Entschädigung. 2013 war Mitteleuropa von Hochwasser betroffen. Deshalb gab es bei den Entschädigungen ein Rekordjahr: Knapp 35.000 forderten einen Teil des Fahrpreises von den ÖBB zurück – so viele wie noch nie. 2014 waren es dann noch 21.500, im Folgejahr 18.000 und im Vorjahr gar nur mehr 14.500. Die ÖBB mussten somit knapp 600.000 Euro an die Kunden zurückzahlen.
An der steigenden Pünktlichkeit der ÖBB liegt es jedenfalls nicht. 96 bis 97 Prozent der Züge erreichen laut Statistik seit Jahren ihr Ziel pünktlich – die Bilanz schwankt meist um maximal einen Prozentpunkt auf oder ab. Diese offiziellen Zahlen sind aber auch eine kleine Mogelpackung. So gilt ein Zug erst ab fünf Minuten Verspätung tatsächlich als unpünktlich und ausgefallene Züge werden gar nicht gerechnet (was nicht fährt, kann nicht zu spät kommen).
Abgesehen davon werden die Schnellbahnen eingerechnet, der tatsächlich wichtige Fernverkehr liegt selbst offiziell bei nur rund 88 Prozent Pünktlichkeit.
Passagiere zu entschädigen, betrifft aber nur einen Teil der Aufgaben, die im ÖBB-Management nach dem "Schwarzen Freitag"abgearbeitet werden müssen. Nach dem Brand war der gesamte Zugverkehr auf der Westbahn zum Stehen gekommen.
Vor allem bei der direkten Krisen-Kommunikation und Information der Bahnfahrer auf den Bahnhöfen werde man zukünftig nach besseren Lösungen suchen, versichert Leitner.
Wie berichtet, gab es heftige Kritik von Passagieren, dass in der Früh der Info-Terminal am Linzer Bahnhof erst viel zu spät besetzt worden war. In mittlerweile 1500 eMails beschreiben oder beklagten Kunden ihre Erlebnisse bei den ÖBB.
Schon am kommenden Mittwoch soll es zu einer Gesprächsrunde unter Entscheidungsträgern kommen, kündigt Leitner an. "Wir werden nach Möglichkeiten suchen, wie etwa der Info-Terminal am Linzer Bahnhof interimistisch für die Kunden besetzt werden kann, wenn das Personal selbst nicht mit den Zügen anreisen kann." Auch technisch moderne Durchsageanlagen, wie sie am Wiener Hauptbahnhof bereits installiert werden, sollen in Linz früher als geplant im Jahr 2019 installiert werden, hofft Leitner. Dabei können Fahrdienstleiter direkt vom Laptop aus aktuelle Informationen über die Lautsprecher in den Bahnhofshallen verkünden.
Hoher Schaden
Ob es nach dem Brand, der mehrere 100.000 Euro direkten Schaden verursacht hat, auch technische Änderungen an Bahnhofsanlagen geben muss, kann Leitner noch nicht sagen. "Externe und interne Brandsachverständige ermitteln noch die genaue Ursache für das Feuer. Erst dann kann es eine Einschätzung geben", sagt er.