Chronik/Oberösterreich

Arzt in Betrugsverdacht: "Er hat mich hintergangen"

Ich fühle mich hintergangen und vertraue nur noch meinem Sohn und der Schwiegertochter", sagt Hermine M., 90, am Dienstag im KURIER-Gespräch. Vor allem von ihrem Hausarzt und einer ehemaligen Nachbarin sei sie schwer enttäuscht.

Wie berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft Wels gegen den Mediziner – er steht im Verdacht des schweren Betruges. Der Mann war jahrelang Hausarzt der Familie. Er soll sich unrechtmäßig an seiner begüterten Patientin bereichert haben. Die alte Dame wirft dem Akademiker vor, sie unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zu einem notariell beglaubigten Schenkungsvertrag für ihre Eigentumswohnung mit Blick auf den Traunsee überredet zu haben. Der Kontrakt sollte ab ihrem Tod wirksam werden.

Die 90-Jährige willigte mit ihrer Unterschrift jedoch ein, auf eine Anfechtung oder einen Widerruf des Vertrages – aus welchen Gründen auch immer – zu verzichten. Gleichzeitig ging sie ein Belastungs- und Veräußerungsverbot ein. Als Gegenleistung sollte sie vom Hausarzt bis ans Lebensende medizinisch betreut werden. Allerdings soll der Verdächtige für jede Behandlung noch extra kassiert haben.

Falsche Zeugenaussage

"Er hat gesagt, dass mein Sohn Enrico mich in ein Pflegeheim stecken will", erzählt M. Sie habe das zuerst nicht glauben wollen, doch der Arzt habe das eindringlich behauptet. "Ich will in kein Heim – davor habe ich mich immer gefürchtet", betont die 90-Jährige. Den Schenkungsvertrag habe sie in der Hoffnung unterzeichnet, sich auf die Weise das Recht zu sichern, lebenslang in ihrer Wohnung bleiben zu dürfen. "Ich hatte nie die Absicht, sie in ein Heim zu geben – ich kannte ja ihre Angst davor", sagt Enrico M. Er brachte schließlich die Ermittlungen gegen den Arzt ins Rollen.

Eine zwielichtige Rolle soll auch eine Ex-Nachbarin gespielt haben, die Hermine M. in Finanzangelegenheiten half und Zugriff auf ihr Konto hatte. M. soll ihr unter anderem teuren Schmuck, eine wertvolle Drehpendeluhr und Silberbesteck geschenkt haben. Gegenüber der Polizei soll sich die Frau zu der Causa völlig anders als vor M.s Rechtsvertreterin Christina Gesswein-Spiessberger gerechtfertigt haben. Sie wurde nun wegen Verdachts der falschen Zeugenaussage angezeigt.