24 Mittelschüler haben Gleitzeit
Von Daniel Voglhuber
Eine Schule, in der sich Kinder freiwillig schon vor offiziellem Unterrichtsbeginn in ihren Lernstoff tigern, ist keine Fata Morgana von Bildungsexperten. In der Adalbert-Stifter-Praxismittelschule in Linz ist das Realität. Denn die Einrichtung bei der Pädagogischen Hochschule der Diözese hat für die 24 Kinder der 3A seit Oktober an jedem Montag Gleitzeit eingeführt. Wer bis zu 20 Minuten früher – statt üblich um 7.55 Uhr – kommt, kann auch die Schultasche früher für den Nachhauseweg packen.
Jene, die am Morgen länger brauchen, um aus den Federn zu kommen, können ihren Schultag auch erst um 8.15 Uhr starten. Dafür müssen sie am Nachmittag etwas länger die Schulbank drücken. Doch das ist bei wenigen der Fall. „Was wir beobachten, ist gegen den Trend, dass der Unterricht um 9 Uhr beginnen soll“, erläutert Direktorin Ulrike Lischka. Ein Großteil der Schüler sei lange vor Unterrichtsbeginn in der Schule. „Das geht sich gut aus, weil der Bus früher da ist“, sagt Patrick. „Meine Mama nimmt mich auf ihrem Weg zur Arbeit mit, da bin ich sowieso bald hier“, erklärt Benjamin, der von den flexiblen Unterrichtszeiten begeistert ist. Die Schüler haben einen eigenen Ausweis bekommen, damit sie früher in die Klasse dürfen.
Selbstständigkeit
Ziel des Pilotversuchs ist, Motivation und Selbstständigkeit der 12- und 13-jährigen Schüler zu steigern. „In Summe gesehen ist nichts anders. Trotzdem bewirken die Freiheiten etwas“, meint die Direktorin. Das hat auch mit einem besonderen Zuckerl zu tun: Wer genug Zeitguthaben angespart hat, bekommt am Ende des Semesters einen Tag frei. „Ich möchte dann meinen Bruder ärgern, wenn er in die Schule gehen muss“, freut sich Eva, die fleißig Minuten sammelt. Die Kinder müssen sich in eine Liste eintragen, wann sie kommen und wie viel Zeit sie sparen. Evas Kollegin Patricia bedauert, dass sie hier nicht mitmachen kann. „Weil mein Zug später kommt und bald fährt, erhalte ich leider kein Guthaben.“
Möglich macht das einzigartige Pilotprojekt die an der Schule angewandte Initiative COOL, das „Cooperative Offene Lernen“. Bei dem ursprünglich für ältere Schüler entwickelten Modell sollen Kinder ihre Arbeitsschritte selbst planen. Bei der Gleitzeit am Montag steht in der ersten Einheit Mathematik, in der letzten Geschichte am Stundenplan. Die Schüler können sich in den beiden Stunden die an sie gestellten Aufgaben selbst einteilen. Wichtig ist nur, dass alle Aufträge erledigt werden.
„Wenn etwas schwieriger ist, fange ich damit an, um bald fertig zu sein“, erklärt Julian seine Strategie. „Ich beginne mit Mathematik, weil ich in der Früh besser denken kann. Außerdem ist Mathe lustig“, sagt Luise. Notwendig ist, dass auch die Lehrer mitspielen. „Meine Kollegen sind immer für schräge Ideen zu haben“, meint die Direktorin lachend. „Ich komme gerne extra früher“, sagt Mathematik-Lehrer und Klassenvorstand Tobias Gruber. „Mir gefällt es, dass es kein starres 50-Minuten-Modell gibt und die Kinder eigene Verantwortung übernehmen.“
Im Jänner evaluieren Studenten und Forscher der Kepler-Uni den Erfolg der Maßnahme. Die Schüler der 3A sind sich aber schon jetzt einig: Sie wollen im nächsten Semester wieder Gleitzeit haben.
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