Chronik/Niederösterreich

Zahlen oder länger warten: "Das ist Zwei-Klassen-Medizin"

Ihre Rückenschmerzen bringen Petra Pillenbauer aus Totzenbach im Bezirk St. Pölten an den Rand der Verzweiflung. Seit knapp zwei Monaten versucht sie, ihre Beschwerden mit Akupunktur, Infiltration oder Massagen zu lindern. Ohne Erfolg. Um die Ursache zu finden, ist ihr eine Magnetresonanz-Tomografie (MRT) in einem Röntgeninstitut verordnet worden. Im Jänner 2017 sei ein Termin frei, hieß es dort. Wenn sie als Privatpatientin 200 Euro extra zahlen würde, könne sie in drei Tagen kommen, erzählt Pillenbauer und ärgert sich über eine sichtbare "Zwei-Klassen-Medizin". Die 200 Euro sind zugleich die Untersuchungskosten. Patientenanwalt Gerald Bachinger spricht von einem Skandal und fordert jetzt rasche Verbesserungen.

Petra Pillenbauer ist empört darüber, dass sie zusätzlich zahlen muss, wenn sie rasch erfahren will, woher ihre Beschwerden kommen. "Es ist ein Wahnsinn, weitere zwei Monate mit Schmerzen und Tabletten zu leben", sagt Pillenbauer. Da sie keinen anderen Ausweg mehr sah, hat sie vor ein paar Tagen die Untersuchung in einer ausgelagerten privaten Praxis des Röntgeninstituts auf eigene Kosten durchführen lassen. "Und das, obwohl ich seit meinem 15. Lebensjahr arbeite und brav meine Sozialversicherungsbeiträge zahle", betont die 43-Jährige.

Dass es lange Wartezeiten bei MRT-Untersuchungen in Österreich gibt, will sie nicht gelten lassen. "Wie man sieht, sind ja doch sofort ein Gerät, Mitarbeiter und Termin verfügbar", sagt die Angestellte.

"Skandalös"

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Patientenanwalt Gerald Bachinger kennt viele solcher Fälle und spricht von einem Problem zwischen Radiologen und Krankenkassen, von dem beide Vertragspartner profitieren würden: "Die Wartezeiten liegen bei acht bis zehn Wochen. Wer vorgereiht werden will, muss 200 Euro extra bezahlen und unterschreiben, dass er Privatpatient ist. So trägt er die Kosten zu 100 Prozent selbst", erklärt Bachinger. Das bedeutet aus seiner Sicht, mehr Geld für die Radiologen und keine zusätzlichen Ausgaben für die Krankenkassen. "Genau das ist skandalös und gehört unterbunden", sagt Bachinger.

Deckelung

Manfred Baldt, Vorsitzender des Fachausschusses Bildende Diagnostik in der Wirtschaftskammer, sieht die Schwierigkeit bei der seit 2009 geltenden Deckelung: "Die Krankenkassen zahlen nur eine bestimmte Anzahl an Untersuchungen. Darin ist eine einprozentige Anpassung pro Jahr inkludiert. Die Untersuchungen haben aber um zirka acht Prozent zugenommen", sagt Baldt, der auch den Spargedanken der Krankenkassen verstehen kann: "Wir können aber genauso wenig die Hälfte aller Untersuchungen gratis erledigen, sonst müssten zahlreiche Institute Konkurs anmelden." Bei Akutfällen sei es ohnehin gängige Praxis, dass Ärzte in den Instituten anrufen und um einen raschen Termin bitten, sagt Baldt. Es sei auch kein Geheimnis, dass Radiologie-Institute mit Kassenverträgen daneben private MRT-Geräte einsetzen.

Baldt verspricht genauso wie der Hauptverband der Sozialversicherungen, dass an einer "für Patienten zufriedenstellende, rasche Lösung" gearbeitet werde. Wenn aus Kassengeldern finanzierte Institute private Patienten gegenüber Kassenpatienten bevorzugen, sei das jedoch abzulehnen, heißt es seitens des Hauptverbands: Derzeit seien die Beschwerden über lange Wartezeiten rigoros zurückgegangen, was schon auf einen Erfolg der bisherigen Maßnahmen hinweise.