Wiener Umland: "Die Preissteigerung ist enorm"
Von Katharina Zach
Mödling war eigentlich nicht Oliver und Katarina R.s erste Wahl. Doch als sie 2014 eine Eigentumswohnung für sich und ihre Tochter suchten, wurden sie in Wien nicht fündig. "Hietzing hat uns gut gefallen", aber es war zu teuer", erzählt Oliver. Eine ruhige Lage mit viel Grün war der Jungfamilie wichtig. Schließlich entschieden sie sich fürs Wiener Umland.
Der sogenannte "Speckgürtel" verzeichnet seit Jahren starken Zuzug. "Die, die es sich in Wien nicht mehr leisten können, ziehen heraus", sagt Makler Roman Peisteiner von Remax. Mit den Folgen, dass die Immobilienpreise massiv gestiegen sind. Musste man 2006 im Bezirk Mödling für eine 80 Quadratmeter große Eigentumswohnung im Schnitt mehr als 180.000 Euro zahlen, waren es 2016 schon mehr als 250.000 Euro – mit viel Luft nach oben in exklusiven Gemeinden. In Gießhübl etwa wurde 2016 eine Luxus-Wohnung um mehr als eine Million Euro verkauft.
"Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Preissteigerung enorm ist", sagt Johannes Wild, Obmann der Fachgruppe NÖ der Immobilien- und Vermögenstreuhänder. Zuletzt würden die Preise jedoch stagnieren. "Der innere Speckgürtel gehört schon zum Wiener Markt. Zum Teil werden höhere Preise erzielt, als in machen Wiener Bezirken", sagt der Experte.
Es ist vor allem die Lage, mit der das Wiener Umland punktet. "Es ist sehr naturnah, man ist trotzdem öffentlich gut angebunden und es ist familienfreundlich", schwärmt etwa Jungpapa Oliver.
Für diesen Benefit schrauben Mieter und Käufer ihre Ansprüche zurück. "Man nimmt nicht mehr 800 sondern nur noch 600 Quadratmeter Grund oder legt die Kinder wieder in ein Zimmer", erklärt Wild. Zudem nehmen die Leute immer weitere Pendelstrecken in Kauf. So wächst der Speckgürtel – etwa entlang der Südbahn- und der Westbahnachse sowie nach Norden entlang der A5 – und es steigen auch die Preise in der Peripherie.
Junge ziehen weg
Raumplaner Andreas Hacker sieht diese Entwicklung kritisch. "Die zentrale Herausforderung ist der leistbare Wohnraum", sagt er. "Die Entwicklung hat Auswirkungen auf die Ortsstrukturen. Die Jungen schauen, wo sie sich etwas leisten können und ziehen weg, übrig bleiben die Älteren." Schon jetzt gebe es Gemeinden, denen der Nachwuchs für Vereine oder Feuerwehr fehle. Zwar versuchen viele Kommunen, wie Klosterneuburg, mit Startwohnungen gegenzusteuern, doch echter sozialer Wohnbau ist aufgrund der Grundstückspreise nicht möglich.
2017 sollen die Preise laut Remax-Prognose erneut um 3,2 Prozent anziehen. Zudem gibt es laut Makler Peisteiner eine erhöhte Nachfrage nach Mietwohnungen. "Ich glaube, dass daher auch die Mieten überproportional steigen werden." Aus seiner Sicht, müssten im Wiener Umland kleinere Wohnungen errichtet und auch großvolumiger Wohnbau zugelassen werden.
20.000 Hektar Bauland liegen in NÖ brach, alleine im Bezirk Baden sind es 686 Hektar, in Korneuburg sind es 583. Das Problem: Steht zu wenig Bauland zur Verfügung, treibt es die Preise nach oben, hemmt die Gemeinden im Wachstum sorgt für Zersiedelung. Dem hat das Land NÖ nun jedoch einen Riegel vorgeschoben.
Bürgermeister haben nun die Möglichkeit, Grundstücke unter Androhung von Enteignung neu zu ordnen und als Bauzellen attraktiver zu machen. Zudem werden neue Wohngebiete fast nur noch mit der Auflage "Bauzwang" genehmigt. Derzeit tourt der zuständige Landesrat Stephan Pernkopf durch die Regionen, um die Bürgermeister über die Instrumente der Ortsplanung zu informieren.
Handlungsbedarf sehen manche Politiker noch bei den Wohnungen: "Ich stelle zudem fest, dass sehr viele Wohnungen als Anlageobjekte erworben werden, allerdings nicht sofort in Nutzung gehen", berichtet Klosterneuburgs Bürgermeister Stefan Schmuckenschlager. Er sieht es als problematisch an, dass man in NÖ sehr leicht einen Nebenwohnsitz haben kann, ohne einen Abschlag zahlen zu müssen. Hier sollte man Lösungen finden, fordert er.