Chronik/Niederösterreich

Wasserstoff-Bike ist "Lotto-Sechser"

Es ist blau, weiß, wiegt 23,6 Kilogramm und wird mit Wasserstoff betrieben. Die Rede ist vom Linde-H2-Bike, einem der ersten E-Bikes, das mit Chemie statt mit Batterie angetrieben wird.

Entwickelt wurde das Fahrrad der Linde AG von zwei 24-jährigen Studenten. Christoph Nagl aus Alland ist seit vier Jahren bei Linde Gas, Daniel Fahrner aus Kirchberg am Wechsel seit März dieses Jahres. Für die beiden Burschen ist das Linde-H2-Bike ein ganz besonderes Projekt, das viel von ihnen abverlangt hat – Überstunden und Gehirnschmalz.

"Es ist so spannend, weil es ganz anders ist, als unsere üblichen Arbeiten", erklärt Physik-Student Nagl. Der Auftrag für das Wasserstoff-betriebene Fahrrad kam direkt vom CEO des Unternehmens.

Patente

Für Fahrner war es das erste große Projekt. Er nennt es einen "Lotto-Sechser" und sagt: "Das Beste an dem Projekt ist, dass wir etwas ganz Neues entwickelt haben, das es so noch nie gegeben hat. Wir kämpfen an vorderster Front." 15 bis 20 Patente laufen auf das Fahrrad.

Das erste Brainstorming für das Linde-H2-Bike hat bereits im September des vergangenen Jahres stattgefunden, bis Ende 2014 hat Nagl im Alleingang einen ersten Prototypen des Rads entwickelt. Weiter ging es dann im März dieses Jahres, wo auch Maschinenbau-Student Fahrner ins Spiel kam. Im Zwei-Mann-Team entwickelten sie das H2-Bike.

Betankung aus Gas-Flasche

Eine besondere Herausforderung war für Fahrner die Entwicklung des Verdichters, der für die Betankung des Rads notwendig ist. Von einer Flasche wird der Wasserstoff über den Verdichter in einen Behälter am H2-Bike getankt. Von diesem Behälter wird der Wasserstoff dann in eine Brennstoffzelle geleitet, wo aus dem Gas elektrische Energie erzeugt wird. "Wir wollen mit diesem Fahrrad zeigen, was man mit Wasserstoff alles machen kann", erklären die Niederösterreicher die Intention des Auftraggebers.

Ein Tank reicht für 100 Kilometer und ist innerhalb kürzester Zeit befüllt – das ist laut Fahrner der maßgebliche Vorteil gegenüber herkömmlichen E-Bikes. Zum Vergleich: Bei den schnellst aufladenden E-Bikes dauert die Ladezeit etwa drei bis vier Stunden, der Wasserstoff-Tank des Linde-Bikes ist innerhalb von 30 Sekunden, höchstens fünf Minuten, aufgefüllt.

Wasserstoff ist zwar explosiv, um die Sicherheit müsse man sich beim Fahren aber keine Sorgen machen. Nagl erklärt: "Die Menge Wasserstoff, die im Behälter am Fahrrad ist, ist so viel wie in fünf Feuerzeugen enthalten ist." Also sehr gering. Zudem würde sich Wasserstoff an der Luft sehr schnell verflüchtigen, sodass bei dieser geringen Menge keine Explosionsgefahr bestünde.

Derzeit sitzen die beiden Studenten viel im Flieger, stellen in ganz Deutschland – dem Hauptsitz der Linde AG – das Superradl vor und überreichen es sogar deutschen Ministern für Testfahrten. Ausstellungen, Parteitage, Pressetermine und Tagungen in Berlin, München oder Karlsruhe stehen bei den beiden Tüftlern ebenfalls auf dem Terminkalender.

Zehn Räder wurden bisher gebaut, jetzt wird weiter an der Serienreife gearbeitet. "Es müssen immer wieder kleine Fehler ausgebessert werden, auf die wir nach und nach draufkommen", erklärt Fahrner. "So ein Projekt ist nie fertig."

Stolze 13.000 Euro kostet das Linde-H2-Bike derzeit, als Serienprodukt soll es dann aber deutlich billiger werden und preislich auf das Niveau eines qualitativ hochwertigen E-Bikes kommen.