Chronik/Niederösterreich

Wachauer Marillen sind heuer Raritäten

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Außer Spesen nichts gewesen", sagt Karl Stierschneider. Der Marillenbauer aus Mühldorf, Bezirk Krems, spricht aus, was sich auch andere betroffene Kollegen  denken. In ihren Gärten zeigt sich nun immer deutlicher, dass der Frost im Mai  auch die Wachauer Marillen keinesfalls verschont hat. Einige Bauern rechnen mit einem Totalausfall. "Wir müssen die Kunden schon jetzt darauf einstellen, dass die diesjährige Ernte  klein ausfallen wird", sagt Franz Reisinger, Obmann der Wachauer Marillenbauern.

Normalerweise werden im Juli durchschnittlich bis zu 7000 Kilogramm  pro Hektar  geerntet. Davon werde man heuer weit entfernt sein, lautet die erste, bedauerliche Prognose. Obwohl fast alle Marillenbäume saftig grüne Blätter tragen, verbirgt sich dahinter das Problem. "Eine ganze Frostnacht mit Tiefstwerten von minus fünf bis minus sieben Grad Celsius hat ausgereicht, dass die damals noch Fingernagel großen Marillen zuerst gefroren und dann abgefallen sind", schildert Reisinger.  Die heranwachsenden Früchte seien anfangs empfindlicher als die Blüten selbst.

Ausfall Die Auswirkungen: Es sind keine oder nur wenige Marillen  auf den Obstbäumen in der Wachau zu finden.  Stierschneider rechnet mit einem Ausfall von bis zu 95 Prozent seiner Ernte. Er versteht die Welt nicht mehr. "Eigentlich hätte es eine super Marillensaison werden können. Der Schädlingsbefall war diesmal auch bei weitem   geringer als in den vergangenen Jahren", schildert Stierschneider.

Andere Wachauer Bauern hatten mehr Glück als er. Sie sind mit einem blauen Auge davongekommen. "Entlang der Donau hatten zahlreiche Gärten einen Frostschutz in Form des Flusses. Der speichert tagsüber die Wärme und gibt sie in der Nacht ab. Dadurch wurden viele Marillen in unmittelbarer Nähe geschützt und gerettet", sagt Reisinger.  Auch  die älteren Sorten hätten die Frostnacht leichter überstanden.

Ob die betroffenen  Marillenbauern entschädigt werden, ist unklar. "Das Problem ist, dass es keine leistbare Versicherung für Obstbauern gibt", betont Reisinger.  Das Land NÖ hat aber eine Soforthilfe zugesagt (siehe auch Zusatzbericht). Eine andere Sorge betrifft die Kunden. Viele werden heuer wohl ohne Wachauer Marillen bleiben müssen. Und die geringe Ernte  wird sich auf den Preis niederschlagen. Reisinger rechnet mit einem Kilopreis von knapp über drei Euro statt ungefähr 2,5 Euro.

Experte: Versicherungen für Obstbauern gibt es nicht

Die Wachauer Obstbauern bleiben großteils auf ihren Frostschäden sitzen. "Die Marille ist so gut wie nicht versicherbar. Die Prämie kann sich fast niemand leisten", erklärt Ferdinand Lembacher, Experte der Landwirtschaftskammer NÖ.

Die Schwierigkeit  ist dabei das so genannte Klumpenrisiko. Das bedeutet, im Schadensfall übersteigt die Häufung der Ausfälle die Risikotragfähigkeit einer Versicherung. "Wenn viele Obstbauern in einer Region gleichzeitig den gleichen Schaden erleiden, greift die Risikostreuung nicht mehr und die Versicherung zahlt drauf", sagt Lembacher. Das mache eine Versicherung sehr teuer.

Auch aus dem Katastrophenfonds des Landes  sind keine Zahlungen für Marillenbauern zu erwarten, weil der Frost darin nicht inbegriffen ist. "Daher hat das Land NÖ eine Soforthilfe von fünf Millionen Euro zugesagt", betont Lembacher.  

Der Betrag werde zwar nicht den Gesamtschaden abdecken, soll aber eine finanzielle Überbrückungshilfe sein.  Schadenskommissionen seien unterwegs, um die Fälle aufzunehmen.