Chronik/Niederösterreich

Keine Konsequenzen für die Beamten

Die Fotos von Wilhelm S.’ Füßen erschütterten im Mai des Vorjahrs die Öffentlichkeit – und Justizminister Wolfgang Brandstetter. Der 74-jährige Maßnahmen-Häftling vegetierte trotz einer Venenerkrankung in seiner Zelle in der Justizanstalt Stein (NÖ) über Monate dahin, bis es im Raum nach Verwesung roch. Bandagen waren eingewachsen, die Zehen mussten abgefräst werden. Das Foto des Fußes, das der Falter veröffentlicht hatte, wurde zum Inbegriff für das Versagen des Maßnahmenvollzugs (für geistig abnorme Häftlinge, Anm.).

Tags darauf stattete Brandstetter dem Gefängnis eine Blitzvisite ab, kündigte eine – mittlerweile ausgearbeitete – Reform der "Maßnahme" an und suspendierte mehrere Beamte. "Da muss es Konsequenzen geben", sagte der Minister damals.

Zumindest für die vier beteiligten Bediensteten, die wenige Wochen nach der Suspendierung wieder im Dienst waren, gibt es die nicht: Die im Justizministerium angesiedelte Disziplinarkommission konnte bei den drei Beamten und der Ärztin keine dienstrechtlichen Verfehlungen feststellen und stellte die Verfahren ein. Das Ministerium gab klein bei und verzichtete auf Rechtsmittel. Es hätte "keine Aussicht auf Erfolg" bestanden, erklärt eine Sprecherin.

Kein Strafverfahren

Zuvor hatte schon die Staatsanwaltschaft Wien das Verfahren wegen des Verdachts des "Quälens und Vernachlässigens eines Gefangenen" eingestellt. Aus den Schilderungen des Häftlings ging nicht hervor, dass er vernachlässigt worden sei. Überdies kam ein Gutachter zum Schluss, dass durch die Vernachlässigung keine "beträchtliche Schädigung seiner Gesundheit oder geistigen Entwicklung" eingetreten sei. Ein zweiter Gutachter konnte zwischen S.’ Erkrankung und dem Verhalten der Beamten keinen Zusammenhang herstellen. Die Behörde glaubte auch den Beamten, die nichts bemerkt haben wollen – weder den Geruch noch seine angeschlagene Gesundheit.

Die Disziplinarkommission prüfte die Causa aus disziplinarrechtlicher Sicht. Im Raum standen Verletzungen der Vollzugsverordnung: der Betreuungs,-, Melde- und Aufsichtspflicht. Der Senat in der Kommission sah keine als erfüllt an.

Im Ministerium interpretiert man den Fall als "Systemversagen, das keinem Einzelnen zurechenbar" sei. Den Vorwurf, dass keine Konsequenzen gezogen wurden, will die Sprecherin nicht gelten lassen. Eine Reform sei dadurch ausgelöst worden. Die Kriterien für die Unterbringung werden verschärft und es soll eigene therapeutische Einrichtungen geben.