Chronik/Niederösterreich

Treibjagd mit 0,42 Promille

Der 19. Jänner hat sich für immer im Gedächtnis von Bernadette Trenner eingebrannt. An diesem Winter-Samstag kam ihr Bruder, der 22-jährige Christian Trenner, bei einem Jagdunfall in Unterolberndorf, Bezirk Mistelbach, ums Leben – getroffen vom Projektil eines Jägers, der den mit einer neongelben Warnweste bekleideten Treiber mit einem Wildschwein verwechselt haben will. Ein nach dem tragischen Unfall vorgenommener Alkotest beim Schützen ergab 0,42 Promille.

Vom Tod ihres Bruders wurde die 26-jährige Köchin telefonisch informiert: „Zuerst hat der Papa angerufen, doch der war so fertig, dass er nicht reden konnte. Eine Cousine hat es mir dann gesagt.“

Später fuhr sie zu ihrer im Bezirk Baden lebenden Mutter, um ihr von der Tragödie zu berichten: „Als ich am Weg im Autoradio die Meldung von Christians Tod gehört habe, musste ich den Sender wechseln.“

Die Details des Unfalls kennt die Schwester des Opfers aus dem Gerichtsakt. Vieles darin erscheint ihr unklar und wenig glaubwürdig: „Der Schütze hat angegeben, nur ein Bier in der Früh getrunken zu haben und später nichts mehr. Nach dem Unfall wurden aber 0,42 Promille gemessen. Das geht sich nicht aus.“ Außerdem habe der Jagdleiter vor Beginn der Jagd ausdrücklich auf das Alkoholverbot hingewiesen.

„Schwarzer Fleck“

Unverständlich ist ihr auch, wie der Todesschütze laut Gerichtsakt auf einen „schwarzen Fleck in einem Gestrüpp“ schießen konnte: „Mein Bruder trug eine Warnweste, die ist nicht schwarz.“

Fakt ist, dass Christian Trenner von einem Flintenlauf-Geschoß im Bereich der Niere getroffen wurde. „Man hat mir erzählt, er hat noch aufgeschrien, ist dann umgefallen und war sofort tot,“ sagt seine Schwester.

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Besonders tragisch ist der Unfall angesichts der familiären Details: Christian Trenner wollte selbst Jäger werden und hatte sich in den Wochen vor dem Vorfall auf die Jagdprüfung vorbereitet; der Leiter der Riegel-Jagd war sein Onkel.

Auch Schütze und Opfer waren über familiäre Beziehungen verbunden: Die Lebensgefährtin des Schützen war Christian Trenners Taufpatin.

„Sie war auch am Begräbnis und hat sich entschuldigt“, erzählt Bernadette Trenner. Der Todesschütze selbst habe keinen Kontakt zur Familie seines Opfers aufgenommen.

Nebenklägerin

Am Strafprozess beteiligt sich die Schwester des Toten als Nebenklägerin: „Vielleicht kann ich dann besser damit abschließen.“ Sie ist gespannt, ob der Schütze „seinen Fehler eingesteht, oder versucht, sich herauszureden“.

Enttäuscht ist Bernadette Trenner, dass nach dem Unfall angekündigte Konsequenzen ausgeblieben sind: „Es muss schärfer kontrolliert werden. Dass viele Jäger vor und bei der Jagd trinken, ist allgemein bekannt.“ Jagdscheine sollten nur befristet erteilt und die Fähigkeiten der Jäger öfter als jetzt überprüft werden, fordert die Schwester des erschossenen Treibers: „Damit mein Bruder nicht umsonst sterben musste.“

Dies stehe auch explizit in den Vorschriften zur Vermeidung von Jagdunfällen, sagt Lebersorger. In der Praxis werde zwar nicht kontrolliert, ob Jäger einen Flachmann dabei haben, aber „Alkoholisierte sind von den Jagdschutz-Organen von der Jagd auszuschließen“. Alkotest seien hingegen nur nach Jagdunfällen mit Personenschaden obligatorisch.

Wie viele Jagdunfälle sich im Vorjahr ereignet haben, kann Lebersorger nicht genau sagen: „Das wird statistisch nicht erfasst, aber es waren nur ganz wenige.“

Die geltenden gesetzlichen Regelungen – etwa die Zuverlässigkeits-Klausel im Waffengesetz – hält der Jagdverbands-General für ausreichend; eine Verschärfung des Waffen- oder Jagdgesetzes sei nicht notwendig: „Österreich würde dadurch nicht sicherer werden; nur komplizierter.“