Strahlen-Zwischenfall in Seibersdorf
Von Philipp Kienzl
In der Nuclear Engineering Seibersdorf (NES) im Bezirk Baden ist es zu einem Zwischenfall mit radioaktiven Abfällen gekommen. Zwei Mitarbeiter (35 und 50 Jahre alt) waren am Donnerstagnachmittag einer erhöhten Strahlendosis ausgesetzt, als sie radioaktiven Müll aus einem medizinischen Labor aufarbeiten wollten. Dabei trat Americium-241 aus. Ein leicht verformbares radioaktives Metall, das ähnlich gefährliche Eigenschaften wie etwa Plutonium aufweist und zu massiver Tumorbildung im menschlichen Körper führen kann.
„Den Arbeitern geht es grundsätzlich gut“, sagte Geschäftsführer Roman Beyerknecht am Freitag. Die beiden Betroffenen wurden nach der Dekontamination am Unfallort zur weiteren Beobachtung in die nuklearmedizinische Abteilung ins Wiener SMZ Ost eingeliefert. Die Strahlendosis, der die Männer ausgesetzt waren, könne man laut Beyerknecht noch nicht genau bestimmen, die gesetzlichen Grenzwerte seien bei dem Unfall jedenfalls „deutlich überschritten“ worden. „Bisher haben die Männer keine Krankheitssymptome entwickelt. Das ist aus unserer Sicht auch nicht zu erwarten, aber die Betroffenen müssen für die nächsten Tage in ärztlicher Behandlung bleiben und medizinische Untersuchungen absolvieren“, hieß es.
Menschliches Versagen
Grund für den Zwischenfall dürfte ein falsch deklarierter Abfallbehälter gewesen sein. Die radioaktive Strahlung fiel erst auf, als die Männer ihre Arbeit beendet hatten und routinemäßig auf mögliche Strahlung untersucht wurden. „Wir werden in Abstimmung mit der Strahlenschutzbehörde den Unfallhergang genauestens analysieren und rekonstruieren“, sagte Beyerknecht.
Keine Umweltgefahr
Die Unfallstelle bleibt vorerst gesperrt, in den nächsten Tagen wird der Behälter von Strahlenexperten genau unter die Lupe genommen. Ein Austritt von Radioaktivität in die Umwelt sei jedenfalls nicht erfolgt, beruhigt Beyerknecht. „Das können wir definitiv ausschließen. Aufgrund der umfassenden Sicherheitseinrichtungen wurden die Kontaminationen sofort festgestellt und damit eine weitere Verbreitung nach außen verhindert. Die für solche Fälle vorgesehenen Schutz- und Meldemaßnahmen wurden unverzüglich von uns eingeleitet“, sagt Geschäftsführer Günter Hillebrand. Kurios: Am Freitag fand eine lang geplante Strahlenschutz-Übung am Gelände der NES statt – nur 24 Stunden nach dem Zwischenfall.
Die NES arbeitet im Auftrag der Republik alle in Österreich anfallenden radioaktiven Abfälle auf. Diese werden konditioniert (in einen stabilen chemischen Zustand gebracht und damit lagerbar gemacht; Anm.) und dann in 200-Liter-Fässern zwischengelagert.