Spielsüchtiger wurde Erpresser
Vielleicht hätte Herr S. einen Blick auf die österreichische Kriminalgeschichte werfen sollen. Dann wäre ihm vermutlich klar geworden, dass die meisten Erpresser von der Polizei erwischt werden. Spätestens bei der Geldübergabe ist der Traum vom sorgenfreien Leben für viele Täter vorbei.
Soweit ist es in dem Fall, der am Donnerstag am Landesgericht St. Pölten verhandelt wurde, aber gar nicht gekommen. Bevor S., ein wohlbeleibter Mostviertler, überhaupt einen Euro-Schein von seinem Opfer sah, musste er schon in einem Vernehmungszimmer Platz nehmen und den Kripo-Beamten Rede und Antwort stehen.
Verzockt
Zur Vorgeschichte: Im Oktober 2015 wurde dem 62-Jährigen sein Job-Abgang mit einer Abfertigung in der Höhe von 43.000 Euro versüßt. Ein halbes Jahr später war aber von dem Geld nichts mehr da. S. hatte alles in diversen Casinos verzockt. Während er die einarmigen Banditen fütterte, ging seine Frau arbeiten. "Sie hat von meiner Spielsucht nichts gewusst. Und ich hatte Angst ihr davon zu erzählen", legte der Angeklagte seine damalige Situation vor Richterin Doris Wais-Pfeffer dar.
Dadurch kam S. die Idee, den pensionierten Gemeindearzt Josef L. aus Loosdorf zu erpressen. In schlechtem Deutsch schrieb S. auf einen Zettel, dass er 50.000 Euro wolle: "Sonst zünde ich dein Haus an". Das Schreiben befestigte er am Gartentürl. Das Opfer reagierte zuerst nicht darauf, bis bei dem 83-Jährigen das Telefon läutete. Von einer Telefonzelle aus erneuerte S. seine Forderung, er gab sich nur etwas billiger. 30.000 Euro hätten schon gereicht. Der Pensionist tat das einzig Richtige: Er ging zur Polizei. "Ich habe die Sache sehr ernst genommen. Wenn einem derart gedroht wird, dann fürchtet man sich ja", erzählte L. im Gespräch mit dem KURIER. Es folgten zwei weitere Anrufe. Einmal verwendete der Angeklagte das Wertkartenhandy seiner Mutter. "Weil es zufällig im Keller gelegen ist", verteidigt sich S., der vor Gericht immer davon sprach, planlos gehandelt zu haben.
Es dauerte in weiterer Folge nicht mehr lange, bis dem Erpresser die Polizei auf die Schliche kam.
Das Urteil: Zehn Monate bedingte Haft plus eine Therapie gegen die Spielsucht. Rechtskräftig.