Chronik/Niederösterreich

Speisefett am Donau-Strand

Klumpenweise klebte der graue, fettige Schleim an den Steinen des Donauufers. Manche der Flecken waren nur faustgroß, andere sollen sogar einen Quadratmeter umfasst haben. Nur kurz nach dem bekannt geworden ist, dass Industrieplastik in die Donau gelangt ist, gibt es in Niederösterreich schon wieder Alarm.

Alle Inhalte anzeigen
Denn glaubt man Christian Baumgartner, Leiter der Abteilung Natur und Wissenschaft des Nationalparks Donau-Auen, stammen die gefundenen Fette aus Fäkalabwässern. Er selbst hat die grausigen Ablagerungen bereits Anfang April entdeckt, doch erst jetzt wurde der Vorfall bekannt.

"Die ganze Donaustrecke von Wien bis zur Staatsgrenze ist betroffen", berichtet der Experte. Fischer hatten Baumgartner auf die Ablagerungen aufmerksam gemacht. Er folgte der Spur bis zu einem Kanalbauwerk am linken Donaukanal-Ufer in Wien und informierte die zuständigen Behörden. "Diese Fette sind hygienisch extrem bedenklich, weil sie alle möglichen Keime enthalten", sagt Baumgartner. Auch Ufer, die wie in Mannswörth intensiv für Freizeitaktivitäten genutzt werden, seien betroffen. "Wenn da Kinder am Ufer mit den Händen im Schlamm spielen, dann ist das so, wie wenn sie Fäkalwasser trinken", formuliert er es überspitzt. Der Experte übt scharfe Kritik an der Stadt Wien. Zu solchen Ablagerungen sei es bereits öfter gekommen. Er vermutet, dass sich die Materialien im Kanal kurz vor der Kläranlage Simmering in einem Sandfang sammeln und bei Starkregen ausgespült werden. Der Stadt sei das Problem seit Jahren bekannt.

Verursacher gesucht

Das kann Josef Gottschall, Sprecher von Wien Kanal so nicht stehen lassen. "Wenn wir das schon vor Jahren gewusst hätten, ist auszuschließen, dass wir untätig geblieben wären." Für ihn ist der Vorfall neu. Nachdem die die Info von Baumgartner eingelangt war, hätte die Stadt Wien sofort mit Untersuchungen begonnen. "Es handelt sich um Öle und Speisefette." Eine Umweltgefahr bestehe nicht. Die Stadt kann weder bestreiten noch bestätigen, dass die Fette aus besagtem Kanal stammen. Die Suche nach dem Verursacher läuft, die Kläranlage sei auszuschließen. Man vermutet den Übeltäter eher in der Gastronomie. "Wir haben in den letzten zwei Wochen 50 Unternehmen überprüft."

Laut Gottschall würden die Fettablagerungen in der Donau abgebaut werden, was Baumgartner nicht bestätigt. Dieser will vor allem eines: Dass das in Zukunft nicht mehr geschieht. Er wundert sich, dass die Öffentlichkeit nicht informiert wurde. Das hat nun Umweltschützer Wolfgang Rehm übernommen, der behördliche Schwerpunktaktionen zur Auffindung von Kontaminationsquellen und eine bessere Überwachung fordert. Indes haben die Behörden der drei Bezirke in NÖ Wien-Umgebung, Gänserndorf und Bruck/Leitha die Stadt Wien um eine Sachverhaltsdarstellung gebeten. Anzeige bei der Staatsanwaltschaft wurde routinemäßig erstattet.

Die Donau ist schon längst nicht mehr nur blau. Immer wieder schlagen Umweltorganisationen wegen Verunreinigungen oder eingeleiteter Giftstoffe Alarm.

Zuletzt nach der Kontamination des Grundwassers im Korneuburger Becken durch Herbizide und Pestizide aus dem Hause Kwizda. Um die Ausbreitung der Gifte im Grundwasser in Richtung Langenzersdorf zu verhindern, bewilligte die Wasserrechtsbehörde eine Sperrbrunnen-Reihe samt Einleitung des abgepumpten Wassers in die Donau. Sinngemäße Begründung der Experten: Da das Donauwasser einen sehr hohen Grad an Schadstoffen aufweise, würden Clopyralid, Thiamethoxam, Florasulam & Co auch nicht ins Gewicht fallen. Außerdem sei die Verdünnung so hoch, dass keinerlei Zellschädigungen zu erwarten sei. Die Umweltorganisationen rebellierten gegen die Einleitung. Auch die Stadt Wien intervenierte im Umweltministerium. Bis heute wurden zur Sanierung des Korneuburger Grundwassers zehn Kilogramm Clopyralid-Wasser in der Donau entsorgt. "Die Donau trägt täglich ein bis eineinhalb Kilogramm unerwünschter Stoffe mit sich", sagt Werner Wruss, der für die Sanierung des Korneuburger Grundwassers die Verantwortung trägt. Einiges der Menge komme bereits aus Bayern.

An einer Evaluierung des Donau-Wassers führe laut Wruss kein Weg vorbei. "Wenn man das Donauwasser verbessern will, braucht es ein Schadstoff-Management wie am Rhein", sagt Wruss.