Chronik/Niederösterreich

Religionsstreit: Jurist vor Zwangsversetzung

Der Konflikt schwelt seit Monaten, zum Eklat kam es dieser Tage: In der öffentlichen Volksschule Atzenbrugg-Heiligeneich (Bezirk Tulln) ist die Vorbereitung auf die Erstkommunion Teil des Unterrichts; unter anderem werden in den Musikstunden Lieder für die Messe eingeübt. Die konfessionslosen Eltern eines Schülers waren damit nicht einverstanden und beschwerten sich beim nö. Landesschulrat. Dessen Präsident Hermann Helm entschied allerdings, dass "das Singen religiöser Lieder mit dem Lehrplan vereinbar ist" und erlaubte die Kommunionsvorbereitung im Unterricht.

Diese Anordnung wurde allerdings von einem Untergebenen Helms umgestoßen: Fritz Freudensprung, langjähriger Leiter der Rechtsabteilung im Landesschulrat, beschied, dass die Vorbereitung auf die Kommunion ausschließlich im Religionsunterricht erfolgen darf. Rückendeckung erhielt Freudensprung vom kirchenkritischen Verein "Religion ist Privatsache", dessen Sprecher Eytan Reif sich auf ein entsprechendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie ein Gutachten des Unterrichtsministeriums beruft.

Für Präsident Helm ist die Vorgangsweise seines Chef-Juristen dennoch unverzeihlich: "Hofrat Freudensprung hat meine Anweisung in meiner Abwesenheit aufgehoben und damit Rechtsunsicherheit geschaffen."VerunsicherungHeute, Freitag, findet ein Gespräch mit Freudensprung statt. Allfällige dienstrechtliche Konsequenzen – "Der Standard" weiß von einer bevorstehenden Zwangsversetzung des Juristen in die Bauabteilung des Landes – will Helm nicht kommentieren. Er kann sich aber schwer vorstellen, "jemand, der Eltern verunsichert, weiter als rechtliche Auskunftsperson einzusetzen".Das Unterrichtsministerium stellte am Donnerstag lediglich eine allgemein gehaltene Mitteilung vom vergangenen Februar an die betroffenen Eltern zur Verfügung, wonach religiöse Lehrinhalte ausschließlich dem Religionsunterricht vorbehalten sind. Eine Stellungnahme zur kolportierten bevorstehenden Ablöse Freudensprungs – der Landesschulrat ist laut Aussage seines Präsidenten immerhin eine Bundesbehörde – war trotz mehrfacher Anfragen des KURIER nicht zu bekommen.