Rechtsstreit um Spekulationen: Fronten sind verhärtet
Es ist eine herrliche Aussicht über die Bundeshauptstadt, die sich dem Besucher im Saal 19.11 im Handelsgericht Wien bietet. Weitblick hätten sich vermutlich Matthias Stadler und sein damaliger Finanzchef Ernst Knoth auch gewünscht, als sie vor Jahren die Spekulationsgeschäfte von Vorgänger Willi Gruber kräftig ausbauten. „Zur Schuldenbewirtschaftung“, wie Stadler vor Gericht erklärte. Kein Wunder, schließlich sorgten alleine die Krankenhaus-Millionen für Sorgenfalten auf der Stirn des Stadtchefs.
Fest steht, dass die Stadt groß ins Spekulationsgeschäft einstieg. Da ging es zum Beispiel um Kursentwicklungen von Währungen wie dem isländischen Kronen oder dem japanischen Yen. Insgesamt wurden mehr als 200 Geschäfte abgeschlossen. Mit vielen Banken. Darunter auch der Raiffeisenbank NÖ-Wien.
Und in der Nachschau muss man sagen: Es war nicht alles schlecht, was damals den Gemeinden an Papieren angeboten wurde. Anfangs sprudelten noch die Gewinne, die Ortschefs rieben sich die Hände. Doch mit Beginn der Weltwirtschaftskrise befanden sich auch die Börsenkurse im Sinkflug und die Nervosität bei den Anlegern stieg.
Risikolimit
Auch Stadler und Knoth machten sich Sorgen. Ein Euro-Franken-Swap mit Raiffeisen soll sich ganz bedrohlich entwickelt haben. „Mir wurde gesagt, dass es sich dabei nur um vorübergehende Schwankungen handelt“, berichtete Stadler Richter Martin Ogris. Das war 2008. „Wir hatten ein Risikolimit in Höhe von 75 Prozent des Schuldenstands der Stadt festgesetzt. Dieses wurde zu diesem Zeitpunkt zum ersten Mal überschritten“, erzählt der SPÖ Politiker.
Dann, so erzählt es Stadler, habe man Gespräche mit der Bank aufgenommen. Auch auf Vorstandsebene. Seitens Raiffeisen seien Restrukturierungsvarianten und auch Stundungen angeboten worden. Allerdings: Der damalige Rechtsanwalt der Bank bestritt am Dienstag vehement, dass es Vergleichsgespräche in welcher Form auch immer gegeben hätte.
Was aber nach der Beobachtung eines Prozesstages mit Sicherheit gesagt werden kann: Der Rechtsstreit um ein in Schieflage geratenes Swap-Geschäft könnte noch Monate andauern. Die Fronten sind verhärtet, ein Vergleich ist nicht in Sicht. Mittlerweile liegt der Klagswert bei satten 86 Millionen Euro.
Richter Ogris schien jedenfalls ob der juristischen Spitzfindigkeiten der beiden Parteien, die immer wieder für Verzögerungen sorgten, schon genervt. „Was habe ich angestellt, um das zu verdienen“, monierte er.