Chronik/Niederösterreich

Radfahrer lag tot im Graben: „Habe nur einen Tuscher gehört“

„Es ist eine Tragödie“, sagt Staatsanwalt Leopold Bien. „Meinem Mandaten tut das Ganze furchtbar leid“, betont der Anwalt das Angeklagten. Grob fahrlässig habe er aber nicht gehandelt, fügt der Verteidiger bei dem Prozess in St. Pölten hinzu.

Im Straßengraben verblutet

Am 9. Mai 2019 befand sich der 26-Jährige mit seinem Auto auf dem Heimweg, als er auf der Atzelsdorferstraße im Gemeindegebiet von Blindenmarkt im Bezirk Melk einen Radfahrer erfasste. Der Aufprall war so heftig, dass es dem Freizeitsportler den Unterschenkel abriss. Michael M., 34, verblutete im Straßengraben.

Der Unfalllenker blieb nicht stehen, sondern fuhr heim.„Ich habe nur einen Tuscher gehört. Da dachte ich, dass ich ein Reh erwischt habe“, erklärt der 26-Jährige. „Und den abgerissenen Seitenspiegel haben Sie nicht bemerkt?“, fragt der Staatsanwalt. „Nein, ich habe nur in den Rückspiegel geschaut, aber nichts gesehen“, lautet die Antwort.

Zu schnell unterwegs

Erst am nächsten Tag, als Medien über den tödlichen Unfall berichten, fährt der Niederösterreicher zur Polizei. Er gibt zu, dass er bei Dunkelheit und regennasser Fahrbahn zu schnell unterwegs war. Zudem sei er an diesem Abend schon sehr müde gewesen. „Ich fange früh zu arbeiten an“, sagt der Angeklagte zur Richterin.

Vertagt

Der Prozess wird schließlich vertagt. Ein Ortsaugenschein soll die Frage beantworten, ob der Biker für den 26-Jährigen „überhaupt als Hindernis erkennbar“ war, wie es Staatsanwalt Bien zusammenfasste. Dem Gutachter zufolge kann nämlich nicht „objektiv gesagt werden, ob das Rücklicht am Fahrrad zum Zeitpunkt des Aufpralls eingeschaltet war“.

Lokalaugenschein

Geklärt werden soll nun, ob das Opfer bei den vorherrschenden Bedingungen – Dunkelheit und Nieselregen – dennoch unter anderem aufgrund der reflektierenden Kleidung sichtbar war. Zeugen, die den Radfahrer mit ihren Autos kurz vor dem Unfall passiert hatten, gaben an, den Biker nicht aufgrund der Kleidung, sondern anhand von Lichtern „im letzten Moment“ gesehen zu haben.