Chronik/Niederösterreich

Pröll: "Habe Endstation meiner Dienstreise erreicht"

Hätte ein Hollywood-Regisseur den Abgang dieses Polit-Urgesteins inszenieren müssen, das Setting wäre nicht viel anders ausgefallen: Der Himmel dick mit Wolken verhangen, dichtes Schneetreiben, unwirtliche Temperaturen - am Mittwoch war ein ganzes Land im Abschiedsmodus. Nach fast 25 Jahren im Amt trat Erwin Pröll im Rahmen einer Sondersitzung des Landtags ab.

Auf der Galerie verfolgten neben Familienmitgliedern und langjährigen Weggefährten auch prominente Politiker, darunter Innenminister Wolfgang Sobotka, die letzte Landtagssitzung des Langzeit-Landeshauptmanns. Der KURIER erwischte Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) kurz vor dem Betreten des Saales. Auf die Frage, was ihm zu 25 Jahren Erwin Pröll einfällt, meinte Häupl betont launig: "Er wird mir abgehen." Pröll und Häupl verbindet eine langjährige Polit-Freundschaft. Beide fochten bereits in den 1980er-Jahren - Pröll als Landesrat, Häupl als Umweltstadtrat - Seite an Seite gegen die Milchlobby.

"Übergebe Staffelholz an meine Nachfolgerin"

"Heute stehe ich ein letztes Mal vor Ihnen. Ich werde das Staffelholz des Landeshautmanns an meine Nachfolgerin übergeben", sagte Pröll in seiner Abschiedrede. "Das ist ein besonders emotioneller Augenblick. Für mich endet heute eine lange Reise im Dienste unseres Heimatlandes Niederösterreich. Ich verlasse den Führerstand in tiefer Demut."

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Keine zweite Region in Europa sei so hautnah von den politischen Umwälzungen am Kontinent betroffen gewesen wie Niederösterreich. "Wir haben's eigentlich ganz gut geschafft, obwohl es manches Mal ganz schön schwer gewesen ist." Niederösterrreich habe in seiner Amtszeit den Mittelweg zwischen Fortschritt und Bewahrung von Traditionen beschritten. "Dieser Mittelweg war aber niemals Mittelmaß", so Pröll. Das Land müsse diesen erfolgreichen Weg weiter beschreiten.

"Entwicklung des Landes"

Ähnlich wie bei seinem Abgang als Landesparteichef vor wenigen Wochen, richtete Pröll auch in seiner letzten Landtagssitzung seinen Kollegen einiges aus. Bei allem Verständnis für Naturschutz, dürfe dieser doch nie so übertreiben gehandhabt werden, "dass er die Entwicklung des Landes behindert". Die Politik müsse sich wieder was entscheiden trauen. Niederösterreich habe das in vielen Bereichen getan, etwa im Bereich des Ausbaus des Wissenschaftsstandortes.

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"Meine offensive Kulturpolitik hat nicht nur Zustimmung gefunden, auch in diesem Haus hat es des öfteren Diskussionen darüber gegeben. Das hat mich zwar gewundert, aber nicht gestört. Ich bleibe dabei: Ohne Kunst und Kultur geht es nicht", sagte Pröll. Niederösterreich sei heute das Land mit der höchsten Museumsdichte weltweit. "Wir dürfen den Rollbalken nicht herunter lassen. Wer das tut, verstellt sich selber die Aussicht."

Regionen kontra Zentralisten

Pröll betonte die klare Position Niederösterreichs "für Europa". Die EU habe Wohlstand und Frieden gebracht. Trotzdem würden sich die Menschen nach Wurzeln und Heimat sehnen. "Das können wir in den Regionen ihnen bieten", so Pröll. Aber man muss uns auch lassen. Das sage ich in Richtung Brüssel, in Richtung der Bundespolitik und in Richtung der Zentralisten."

Den anderen Parteien richtete Erwin Pröll aus: "Der Zank der Tagespolitik darf nicht die Kraft der Sachpolitik ersetzen. Demokratie lebt von der Vielfalt der Meinungen. Ich habe immer auf Zusammenarbeit gesetzt. Von 55.000 Regierungsbeschlüssen während meiner Amtszeit sind 98 Prozent einstimmig gefasst worden. bewahren wir uns diesen Geist der Zusammenarbeit auf dem Weg in die Zukunft."

Dank

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"In 37 Jahren Regierungstätigkeit habe ich mit 41 Regierungsmitgliedern aus unterschiedlichsten Parteien zusammengearbeitet. Ich kann allen noch immer ehrlichen Herzens in Auge schauen. Und ich bedanke mich für die Zusammenarbeit." Er danke den poltischen Freunden und "abertausenden Menschen im Land". "Und ich bin vor allem meiner Familie sehr dankbar. Sie war in schönen und weniger schönen Momenten immer für mich da", richtete Pröll seiner Frau Elisabeth seinen Söhnen, seiner Tochter und Enkelkindern auf der Galerie aus.

Für ihn sei nun die Zeit gekommen, die Kommandobrücke zu verlassen und auszusteigen. Seine Nachfolgerin Johanna Mikl-Leitner brenne für dieses Land. "Sie weiß, was es heißt zu führen. Sie kennt dieses Land und brennt für dieses Land. Liebe Hanni, ich wünsche dir für diese Aufgabe viel Glück und Freude."

Im Rückblick sagte Pröll: "Wenn es ums Land ging, habe ich immer gegeben, was ich konnte. Und wenn ich wieder vor der Entscheidung stünde, diese Aufgabe zu übernehmen, ich würde spontan Ja sagen."

Zu seiner Zukunft meinte Pröll: "Wenn der Zug nun die Haltestelle verlässt, dann werde ich nicht am Bahnsteig stehen bleiben, sondern in einen der hinteren Waggons einsteigen und mitfahren."

Mikl-Leitner erhielt 52 von 56 Stimmen

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Um exakt 12.18 Uhr war es soweit. Johanna Mikl-Leitner wurde von 52 der 56 Abgeordneten zur Nachfolgerin Erwin Prölls gewählt. Die vier Abgeordneten der FPÖ hatten bereits im Vorfeld angekündigt, sie nicht wählen zu wollen. Mikl-Leitner wählte für ihr Amtsgelöbnis den Zusatz "so wahr mir Gott helfe". Die Wahl sei für sie klarer Arbeitsauftrag. "Sie ist Aufgabe, jene zu überzeugen, die micht heute nicht wählen wollten."

Vor 364 Tagen hatte Mikl-Leitner ihre Antrittsrede nach ihrer Rückkehr aus dem Innenministerium nach Niederösterreich - als Landeshauptmannstellvertreterin - mit den Worten eröffnet: "Ich habe den härtesten Job der Republik hinter mir und die schönste Aufgabe Österreichs vor mir."

Am Mittwoch ergänzte sie: "Ich bin glücklich und stolz, in dieser Funktion im besten Niederösterreich, das es je gab, arbeiten zu dürfen."

Schnellstes Bundesland

Sie skizzierte ihre Ziele: Auf neuer Herausforderungen müsse die Politik neue Antworten geben. "Die Zeiten des grenzenlosen Wachstums sind vorbei. Wenn die Herausforderungen größer werden, müssen wir kreativ neue Chancen entdecken. Wir müssen in Zeiten von weniger mehr leisten. Ich will, dass Niederösterreich nicht nur das größte Bundesland ist, sondern auch das schnellste Bundesland wird - wenn es um neue Arbeitsplätze, um Verfahren und Planungen und Entscheidungen für die Anliegen unserer Landsleute geht." Niederösterreich müsse die Chancen des Generationswechsels nützen, um neue Wege zu wagen.

Ihre bereits bekannten Positionen brachte Mikl-Leitner im Landtag noch einmal: "Hilfe für alle, die sie brauchen, aber Härte gegenüber jenen, die das Sozialsystem nur ausnützen. Wir müssen mit Mut an die Anliegen der Menschen herangehen."

Bekenntnis

Im Sinne ihres Vorgängers gab Mikl-Leitner ein Bekenntnis zu den Bundesländern ab: "Föderalismus heißt, Macht verteilen und ganz nah bei den Menschen zu sein." Österreich müsse die Stärken der Länder nutzen - "gerade in Zeiten der Globalisierung".

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Sie werde auch kulturelle Schwerpunkte setzen und das Ehrenamt weiter stärken. "Das ist jener Zusammenhalt, den wir in Zukunft brauchen werden."

Mit einem "Masterplan Digitalisierung" wolle sie die Herausforderungen der modernen Zeit angehen. "Nur damit werden wir den Wohlstand sichern und neue, sichere Arbeitsplätze in unserem Land schaffen. Wir werden Niederösterreich als innovatives High-Tech-Land etablieren. Wir vernetzen Wissenschaft und Wirtschaft." Mikl-Leitner versprach verstärkte Betriebsansiedelungen im ländlichen Raum, sowie "Augenmaß" in der Verwaltung und für die Landwirtschaft.

Zu Mikl-Leitners Stellvertreter wurde Umweltlandesrat Stephan Pernkopf, zum Finanzlandesrat Neo-Politiker Ludwig Schleritzko gewählt.