NÖ-Landtagspräsident Wilfing: "Grüne sollten wieder mitmachen"
Von Martin Gebhart
KURIER: Herr Wilfing, von der Landesregierung auf den Stuhl des Landtagspräsidenten, was hat sich für Sie dadurch am meisten geändert?
Karl Wilfing: So wie ich das vorher als Landesrat in meinen Aufgabenfeldern tun konnte, habe ich jetzt als Landtagspräsident für die gesamte Politik in Niederösterreich eine hohe Verantwortung, aber auch eine große Gestaltungsmöglichkeit. Wie ich merke, gelingt es mir auch durch meine persönliche Art, in der Landtagsarbeit im Wesentlichen die Parteien zusammenzuführen.
Die Konstellation in der Landespolitik ist auch neu. Erstmals gibt es Regierungsübereinkommen der absolut regierenden ÖVP mit SPÖ und FPÖ, also mit allen Regierungsparteien. Welche Rolle hat da der Landtag?
Der Landtag ist eine Gestaltungskraft mit der Regierung, weil ja viele Initiativen von den einzelnen Abgeordneten ausgehen. Es ist ein Miteinander. Einerseits diese Initiativen in die Regierungsarbeit einzubringen, andererseits Regierungsinitiativen im Landtag zu diskutieren, zu entscheiden und dann in die Bezirke und Gemeinden hinauszutragen.
Neu ist auch, dass im Landtag mit den Grünen und den Neos eine Opposition sitzt, wo keine der beiden Parteien den Klubstatus besitzt, weil sie jeweils nur drei Abgeordnete haben. Das beraubt sie vieler Möglichkeiten. Gehört das geändert?
In der vergangenen Periode wurde ja eine Änderung der Geschäftsordnung beschlossen, wo die Minderheitenrechte ausgebaut worden sind. Da wurde das Antragsrecht von sechs auf vier Abgeordnete vereinfacht. Die beiden Oppositionsparteien haben aber jeweils nur drei Mandatare und deswegen eine andere Art der Mitgestaltung. Die Neos nehmen das sehr ernst und haben sich etwa dadurch ausgezeichnet, dass sie beim langen Budgetlandtag bei allen Tagesordnungspunkten immer mindestens mit einem Redner vertreten waren, wie mir aufgefallen ist.
Für Niederösterreichs Grüne gilt das weniger?
Die Grünen haben leider die Stellung eingenommen, dass sie zum Beispiel die beratende Stimme, die sie in den Ausschuss-Sitzungen hätten, nicht mehr wahrnehmen. Ich kann da nur die Grünen ersuchen, das wieder zu machen, weil sich hier auch die Wählerinnen und Wähler, die Vertrauen ausgesprochen haben – wenn auch nicht im gewünschten Ausmaß –, sicherlich erwarten, dass diese Möglichkeit der Mitgestaltung wahrgenommen wird.
Wie ist Ihre Gesprächsbasis mit den Grünen?
Es ist grundsätzlich eine sehr gute, weil wir gemeinsam der Meinung sind, dass die Landtagsarbeit sehr wichtig ist. Dennoch mein Appell an sie, wieder an Ausschuss-Sitzungen beratend teilzunehmen und die Regeln, die wir uns im Landtag gegeben haben, anzuerkennen.
Welche neuen Initiativen haben Sie für diese Periode geplant?
Gerade auch wegen der angesprochenen Balance zwischen der Regierung und dem Landesparlament ist es mir wichtig, die Landtagsarbeit näher an die Bürger zu bringen. Ich werde die Initiative „Landtag im Land“, die mein Vorgänger Hans Penz begonnen hat, weiterführen, wo sich die Mandatare die Ergebnisse von Landtagsbeschlüssen direkt im Land ansehen und mit den Bürgern diskutieren. Noch im August werden wir da die Garten Tulln besuchen und uns ansehen, wie sich das entwickelt hat. Ich möchte diese Besuchstour noch intensivieren und bin derzeit auch selbst als Landtagspräsident jeden Monat in einem Bezirk unterwegs, um über Anträge und Initiativen, die derzeit im Landtag behandelt werden, mit den Betroffenen vor Ort zu sprechen.
Wird es auch technische Innovationen geben, um den Landtag noch transparenter zu machen?
Wir sind dabei zu prüfen und werden auch bald anbieten können, die Landtagssitzungen über Streaming-Dienste auf Youtube zu begleiten und so etwa die Jugend einfachst zu ihrer Landtagssitzung zu bringen. Weiters gibt es auf Nationalratsebene eine Einrichtung, die ich sehr begrüße. Über meineabgeordneten.at können Bürger Fragen direkt an die Mandatare stellen. Das will ich auch auf Landtagsebene einführen, was noch mit den Klubs besprochen werden muss. Gleichzeitig werden wir noch nachdenken, wie wir facebook stärker für unsere Landtagsarbeit nützen können.
Landtagspräsidenten melden sich selten zur tagesaktuellen Politik zu Wort. Jetzt hat es zuletzt einige Äußerungen des FPÖ-Landesrates etwa in der Asylpolitik gegeben, wo vielleicht ein mahnendes Wort des Landtagspräsidenten angebracht gewesen wäre. Wie sehen Sie das?
Wenn eine mahnende Stimme ernstgenommen werden soll, dann gilt sicherlich der Grundsatz: Willst du was gelten, so mache dich selten. Es macht keinen Sinn, tagtäglich eine mahnende Stimme zu erheben. Wenn ich das Gefühl hätte, es würde eine demokratiepolitisch bedenkliche Situation hervorgerufen, dann werde ich sofort meine Stimme erheben, mich melden und dementsprechend einsetzen, egal welche Partei es betrifft.
Das heißt, dass Sie bezüglich der bisherigen Regierungsarbeit so eine demokratiepolitisch bedenkliche Situation noch nicht gesehen haben.
Nein, weil dort, wo Probleme aufgetreten sind, das von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner in hervorragender Weise wahrgenommen worden ist. Außerdem habe ich bis jetzt noch keine demokratiepolitische bedenkliche Situation gesehen. Und wir in Niederösterreich leben ohnehin in einem glücklichen Land, wo trotz der unterschiedlichen Zugänge in der Landesregierung das Interesse überwiegt, gemeinsam für das Land zu arbeiten.
Im Jahr 2020 gibt es in Niederösterreich wieder Gemeinderatswahlen. Als Landesrat durften Sie nicht mehr Bürgermeister sein, als Landtagspräsident wäre das wieder möglich. Ist das für Sie eine Option?
Nein, weil wir Gott sei dank die glückliche Situation haben, dass Thomas Grießl in Poysdorf ein hervorragender Bürgermeister ist. Ich werde gerne in seinem Proponentenkomitee arbeiten und ihn mit voller Kraft unterstützen.