Chronik/Niederösterreich

Österreicherin musste für Mindestsicherung Integration nachweisen

"Ich dachte, das ist ein schlechter Scherz oder ein Versehen, als ich von der Behörde die Integrationsvereinbarung zum Unterschreiben bekommen habe. Immerhin bin ich gebürtige Österreicherin." Ines K. (Name geändert) kann nicht glauben, was ihr passiert ist. Um in Niederösterreich Mindestsicherung beziehen zu können, verlangt das Landesgesetz seit 1. Jänner nicht nur von Asylberechtigten, sondern auch von österreichischen Staatsbürgern die Unterschrift unter die Integrationsvereinbarung.

Wohl aufgrund der hohen Zahl an Flüchtlingen haben nur mehr Personen Anspruch auf die volle Höhe von rund 844 Euro pro Monat, wenn sie mindestens fünf von sechs Jahren durchgehend in Österreich gelebt haben.

Erst ein Bescheid der zuständigen Bezirkshauptmannschaft Mistelbach habe bestätigt, dass K. – als Österreicherin – ausreichende Deutschkenntnisse besitze und eine Integration nicht nötig sei. Dennoch erhält die 27-Jährige statt 844 Euro nur 572 Euro pro Monat. Der Grund dafür ist, dass sie zwei Jahre lang eine Ausbildung in Deutschland absolvierte. "Weil ich erst seit vier Jahren wieder in Österreich lebe, falle ich in die neue Regelung", ärgert sich K.: "Noch bis Jahresende war ich im Bezirk Gänserndorf gemeldet und habe dort 844 Euro pro Monat bekommen." Allerdings sieht das Gesetz Ausnahmen für Auslandsaufenthalte aus Berufsgründen und zu Ausbildungszwecken vor. "Die Behörde müsste wissen, dass ich in Deutschland zur Schule ging. Immerhin habe ich dort auch eine Zeit lang Arbeitslosengeld kassiert", sagt die Maschinenbautechnikerin. Erst in der Beschwerde, die von der BH an das Landesverwaltungsgericht weitergeleitet wurde, sei die Ausbildung angeführt, kontert man beim Land Niederösterreich.

Reparatur

"Dieser Fall zeigt, dass das Gesetz repariert werden muss", fordert AKNÖ-Präsident Markus Wieser. Während die Grünen die Novelle kippen wollen, verteidigt die ÖVP das Gesetz: Das Verfahren der Integrationsvereinbarung sei von allen Mindestsicherungsempfängern zu unterzeichnen. "Die AK zeichnet ein falsches Bild – zumal eine Gleichbehandlung aller im Vordergrund steht", betont ÖVP-Landtagsabgeordneter Anton Erber. Der zuständige Landesrat Maurice Androsch (SPÖ) lässt nun die Hintergründe des Falls analysieren. Für ihn ist die Causa unangenehm. Denn die SPÖ hat aus "sozialpolitischen wie auch administrativen Gründen" bei der Änderung des nö. Mindestsicherungsgesetzes nicht mitgestimmt, nun muss es Androsch aber politisch verantworten.

Sozialrechtsexperte Walter Pfeil von der Uni Salzburg hält die neue Regelung sogar für verfassungs-, wenn nicht sogar europarechtswidrig.