Chronik/Niederösterreich

NÖ: Staatsverweigerer im Visier der Justiz

Es gibt nur wenige Behörden in Niederösterreich, die noch nicht unangenehme Bekanntschaft mit Alfred S. gemacht haben. Wurde der 68-Jährige in der Vergangenheit aufgefordert Verwaltungsstrafen wegen Verkehrsdelikten zu bezahlen, ging er sofort zum Angriff über. Er deckte Polizei, Bezirkshauptmannschaften und das Landesverwaltungsgericht mit schriftlichen Eingaben ein und schreckte dabei auch vor Drohungen nicht zurück.

Konkret drohte er den Bearbeitern, ein Pfandrecht in das US-Handelsregister Uniform Commercial Code (UCC) einzutragen, sowie mit der sofortigen Vollstreckung in das Privatvermögen der Betroffenen. Die "Schadsummen" setzte er zwischen 25.000 und einer Millionen Euro an.

Jetzt sitzt S. in Untersuchungshaft. Das Landesamt für Verfassungsschutz (LV) hat den mutmaßlichen Anhänger staatsfeindlicher Verbindungen festgenommen. Mit seiner Einstellung ist S. aber längst nicht allein. "Uns sind 250 Sympathisanten von Bewegungen in NÖ bekannt, die den Staat nicht anerkennen", berichtet LV-Leiter Roland Scherscher. Bereits seit Ende Dezember sitzt auch ein 46-jähriger Waldviertler in Haft, der etwa dem Bürgermeister der Gemeinde Gars am Kamp, Martin Falk, für die Verwendung seines Namens in Schriftstücken "Rechnungen" über mehr als zehn Millionen Euro ausgestellt haben soll, der KURIER berichtete. Gleichzeitig ließ er den Garser Gemeindechef auf die US-amerikanische Schuldnerliste "UCC" setzen, was laut Auskunft des Justizministeriums eventuell unangenehme Folgen haben kann.

Denn werden die finanziell fingierten Ansprüche an Inkassofirmen in Malta abgetreten, können diese Unternehmen ein einfaches Mahnverfahren erwirken. Bleiben die Beträge offen, ergeht ein Zahlungsbefehl über ein zuständiges Gericht im Heimatstaat an den vermeintlichen Schuldner. "Dieses Problem lässt sich dann nur noch mit einem Rechtsanwalt lösen, wodurch hohe Kosten entstehen können", weiß Bürgermeister Falk. Sollte tatsächlich ein ungerechtfertigter Eintrag im "UCC" vorhanden sein, kann eine Lösung per eMail an ucc@dol.wa.gov beantragt werden. "Bislang wurden solche Anträge anstandslos akzeptiert", heißt es dazu im Innenministerium.

Gesetzesentwurf

Um schon bald gegen Staatsverweigerer schneller vorgehen zu können, bastelt die Regierung aktuell an einem neuen Strafrecht. In Anlehnung an Paragraf § 246 Strafgesetzbuch (Staatsfeindliche Verbindungen) soll es unter § 246a einen weiteren Tatbestand geben. Der Entwurf von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) liegt derzeit zur Abstimmung beim Koalitionspartner. "Sobald es von Seiten der SPÖ eine Freigabe gibt, kann der Gesetzesentwurf in Begutachtung gehen", sagt Katharina Holzinger, Sprecherin des Justizministers, dem KURIER.

In Zukunft soll jemand strafbar sein, der eine staatsfeindliche Bewegung gründet, die "darauf ausgerichtet ist, die Hoheitsrechte der Republik Österreich, der Bundesländer oder der Gemeinden nicht anzuerkennen", so der Entwurf. Der Strafrahmen soll bis zu zwei Jahre betragen. Auch wer sich daran beteiligt, kann zur Rechenschaft gezogen werden.