"Ich musste noch nie stundenlang durch den Gatsch robben"
Würde Franz Reißner in der Wirtschaft arbeiten, er würde unter die Kategorie Top-Manager fallen. Denn wer kann schon von sich behaupten, für die Führung von rund 22.000 Menschen verantwortlich zu sein. Reißner ist zwar kein Industrie-Boss, er hat aber beim Bundesheer eine steile Karriere hingelegt. Der Niederösterreicher, aufgewachsen in Königstetten, Bezirk Tulln, ist seit Dezember 2012 Streitkräfte-Kommandant.
Reißner führt nicht nur die Truppen am Boden (von den Panzerverbänden bis hin zum Jagdkommando) – in seinen Bereich fallen auch die Luftstreitkräfte - und damit die bei der Beschaffung oft kritisierten teuren Eurofighter.
Dass sich der 55-Jährige im Vorfeld gegen militärische Kapazunder wie Karl Pronhagl oder Robert Prader durchsetzte, sorgte auch für Kritik bei Insidern. Reißner ist Mitglied des Bundes sozialdemokratischer Akademiker (BSA), was die FPÖ wiederum zum Anlass nahm, von einer parteipolitischen Postenbesetzung zu sprechen. Kritik, die an dem ehemaligen Pionieroffizier abperlt. „Ich wurde von der unabhängigen Bewertungskommission als im höchsten Ausmaß geeignet beurteilt.“
Reißner hat bereits eine abwechslungsreiche Laufbahn hinter sich. Er war bei Katastropheneinsätzen in Süditalien 1980 und Armenien 1988 dabei, als die Länder von schweren Erdbeben heimgesucht wurden. „Diese Einsätze haben mich geprägt. Es gab Tausende Tote zu beklagen, die Zerstörung war enorm.“
Reißner wird nicht müde zu betonen, wie gut der Ruf der Armee im Ausland ist. 1300 Soldaten sind derzeit bei den unterschiedlichsten Missionen im Einsatz. Gemessen an der Bevölkerungszahl gehört Österreich damit zu jenen Ländern, die international am meisten engagiert sind.
Frauenanteil
Es gibt viele Themen, die dem ehemaligen Militärkommandanten von Wien durchaus emotional werden lassen. So sei der Frauenanteil im Bundesheer nach wie vor viel zu gering. „Zwei Prozent sind beschämend.“
Reißner betont auch, dass der Grundwehrdienst für die Soldaten eine erlebnisreiche und interessante Zeit sein muss. Das Bundesheer brauche aber auch, sowie jede größere Firma, die „fleißigen Bienen“ im Hintergrund. Den Kopf schüttelt er über das oft verwendete Vorurteil, dass sich junge Männer stundenlang durch den Gatsch bewegen müssen. „Natürlich wird man bei der Ausbildung schmutzig, und man muss lernen Hindernisse zu überwinden. Aber ich bin seit 37 Jahren beim Heer und musste noch nie stundenlang durch den Schlamm robben.“