Lenker üben Kritik an der Asfinag nach Schneechaos auf A21
Sechs Stunden saß Gottfried Putz aus Salzburg auf der A21 fest – bei Temperaturen nur knapp über dem Gefrierpunkt – ehe er über eine Betriebsumkehr von der Autobahn abgeleitet wurde. Mittwochnachmittag hatten starke Schneefälle für Chaos und eine Sperre der A1 und der A21 gesorgt; zahlreiche Lkw und Autos mit Sommerreifen blieben hängen und mussten abgeschleppt werden. Noch am Abend waren mehr als 700 Lenker im Stau gefangen. Am Tag nach dem Schneechaos wird nun Kritik an der Asfinag laut.
"Ab 14 Uhr sind wir im Stau gestanden", erinnert sich Putz. Um sich warm zu halten, ließ er immer wieder den Motor laufen. Irgendwann hatte er nichts mehr zu trinken. Erst sechs Stunden später, also gegen 20 Uhr, konnte er die A21 verlassen. Quartier fand er keines – alles im Umkreis von 30 Kilometern sei ausgebucht gewesen, sagt er. Eerst in der Notunterkunft des Roten Kreuz in der Volksschule Alland, das am Abend eilig eingerichtet wurde, kam er unter. Insgesamt beherbergte das Rote Kreuz 58 Gestrandete, versorgte sie mit Tee und Pizza, berichtet Einsatzleiter Georg Ulbrich. Noch in der Nacht sammelten die Helfer Gestrandete ein, die in ihren Autos schliefen.
Späte Ableitung
Dass die Entscheidung, die im Stau steckenden Autos über eine Betriebsumkehr abzuleiten, erst am Abend gefallen ist, versteht Putz nicht. Zudem habe er den Eindruck gehabt, dass für den heftigen Schneefall zu wenige Räumfahrzeuge unterwegs waren. Mit seiner Kritik ist er nicht alleine: Auch Adrian und Liliana, die mit dem dreijährigen Maximilian sieben Stunden im Stau steckten, monierten die unzureichende Schneeräumung. Andere kritisierten, dass auf den Überkopf-Anzeigern nicht auf die Sperren hingewiesen wurde.
Die Asfinag weist die Kritik vehement von sich. Mit 30 Räumfahrzeugen im Bereich Knoten Steinhäusl seien mehr Pflüge im Einsatz gewesen, als im Winter, sagt Abteilungsleiter Heimo Maier-Farkas. "Sehr viele Lenker waren mit Sommerreifen unterwegs. Die konnten kaum anfahren und auch nicht hinter den Räumfahrzeugen herfahren." Sie mussten abgeschleppt werden; wie auch rund 100 Lkw.
Erst während der Bergung, an denen auch 120 Feuerwehrleute beteiligt waren, hätte sich gezeigt, dass diese nicht wie im Winter funktioniert. Zudem wurden die Arbeiten von Autolenkern behindert, die keine Rettungsgasse gebildet hatten. Daher habe man sich gegen 19 Uhr für die Ableitung entschieden. Auch auf die Sperre sei an den wichtigen Routen wie A2 oder A4 hingewiesen worden.
Als Reaktion auf das Chaos überlegt nun Verkehrsminister Jörg Leichtfried, die Winterreifen-Pflicht für Lkw bis 15. Mai zu verlängern.
Rekord-Schneemenge
In weiten Teilen der Obersteiermark und dem niederösterreichischen Alpenvorland sind gemessen an dem kurzen Zeitraum von 20 Stunden Rekord-Schneemengen gefallen. In Hieflau im Bezirk Liezen waren es 1,7 Meter, in Mariazell knapp unter einem Meter Schnee. In manchen Gegenden können Rettungs- und Krankentransporte nur noch mithilfe der Feuerwehren und schweren Räumgeräten durchgeführt werden.
Durch beschädigte Leitungen aufgrund der Schneemassen waren rund 25.000 Haushalte in NÖ im Dreieck zwischen St. Pölten, Lilienfeld und Baden Mittwochabend stundenlang ohne Strom. Der Stromausfall dauerte Donnerstagvormittag noch bei rund 400 Haushalten an.
In den Bergen Oberösterreichs, der Obersteiermark und Niederösterreichs herrscht die höchste Lawinenwarnstufe fünf. Jede Skitour sei zurzeit "lebensgefährlich" warnt die Bergrettung.
"Noch so eine Ernte wie im Vorjahr schaffen wir nicht." Wie Familie Melcher aus dem steirischen Gamlitz blickten wohl alle Winzer, aber auch Obst- und Gemüsebauern bang auf die Nacht zum Freitag. Sie ist eine der kältesten im April seit Beginn der Wetteraufzeichnung, wie UBIMET-Chefmeteorologe Manfred Spatzierer schätzt: Exakt vor einem Jahr vernichtete extremer Frost den Großteil der Reben und jungen Pflanzen. Das Weingut Melcher etwa hatte dadurch 2016 einen Ernteausfall von 85 Prozent.
Damit es diesmal erst gar nicht so weit kommt, bat man via Facebook um Hilfe: Dem Aufruf nach Unterstützung folgten bis Donnerstagfrüh 40 Freiwillige, Studenten, Mitarbeiter eines sozialökonomischen Betriebes und auch Asylwerber. Sie alle wollen helfen, die jungen Reben warm einzupacken: 70 Kubikmeter Noppenfolie wurden dafür eigens angeschafft. Diese muss behutsam um die Triebe gelegt und festgemacht werden, um sie vor dem Frost zu schützen.
Folie ist aber nur eine Methode, mit der die Landwirte vorgehen. Fackeln und brennende Heuballen sollen wärmen, Vereisung durch Beregnungsanlagen isolieren. Hagelnetze zu spannen, wagen viele Bauern heuer nicht mehr: Im Vorjahr versuchten sie, die Kulturen damit zu retten. Doch zum Frost kam auch patziger Neuschnee, der die Netze zusammenkrachen ließ, der die Kulturen zerstörte.
Die Sorge, dass der Frost die Reben vernichten könnte, hat auch Weinbauern im Burgenland auf den Plan gerufen. "Es hat sich eine extreme Nervosität innerhalb der Branche breitgemacht", erklärt Weinbauverbands-Präsident Andreas Liegenfeld.
5000 Strohballen
Etwa 5000 Strohballen haben die Winzer allein im Bezirk Neusiedl am See vorbereitet, um sie bei Bedarf anzünden zu können. Doch die Weinbauern plagen daneben auch noch andere Sorgen. Das sogenannte Räuchern, das die jungen Triebe vor der Kälte schützen soll, wurde zwar per Erlass vom Land Burgenland genehmigt. Ungeklärt ist in den Augen der Winzer die Frage der Haftung, falls es beim Entzünden des Strohs zu einem Zwischenfall kommt. Den Weinbauvereins-Obmännern im Seewinkel sind Verantwortung und Risiko zu hoch, sie haben den Hut genommen. Michael Allacher aus Gols: "Was passiert, wenn sich durch die starke Rauchentwicklung auf der Straße ein Unfall ereignet, muss ich dann den Kopf hinhalten?" Von der Behörde sieht er sich im Stich gelassen.
Winzer in NÖ fürchten keine rechtlichen Probleme. "Wir bitten einfach um Verständnis der Verkehrsteilnehmer für das Räuchern", betont Weinbauvereins-Geschäftsführer Konrad Hackl.