Lebenslang nach Doppelmord im Marchfeld
Am Landesgericht Korneuburg fand am Freitag der Prozess um einen Doppelmord im Marchfeld statt. Die Geschworenen verurteilten den 37-jährigen Angeklagten zu Mittag zu einer lebenslangen Haftstrafe. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Laut Anklage wollte der 37-jährige Slowake am 12. Dezember 2011 mit der Bahn von Wien nach Bratislava fahren. Weil er kein Ticket hatte, wurde er vom Schaffner in Obersiebenbrunn aus dem Zug gewiesen. Auf der Suche nach Geld ging er in Bahnhofsnähe in ein Haus - und soll dort den 76-jährigen Hausbesitzer mit einer Rohrzange erschlagen und dessen 80-jährige Ehefrau durch zahlreiche Messerstiche getötet haben. Anschließend soll der Angeklagte die Räume durchwühlt und Schmuck und diverse Gegenstände mitgenommen haben, die er dann in Bratislava um 4.000 Euro versetzte. Am folgenden Vormittag fand einer der beiden Söhne seine toten Eltern.
Der Angeklagte wurde am Freitag zu Prozessbeginn von vier Justizwachebeamten vorgeführt. Die Slowakei hatte ihn für die Verhandlung ausgeliefert - laut Richter Manfred Hohenecker verbüßt er dort wegen des gleichen Verbrechens eine 25-jährige Strafe.
Auch Staatsanwalt Thomas Ernst verwies darauf, dass der Beschäftigungslose in der Slowakei „fast die gleiche Tat“ begangen hat. Für Verteidiger Rudolf Lind gab es nichts zu beschönigen oder zu bestreiten, er betonte, dass der Beschuldigte zugebe, zwei Menschen getötet zu haben. Es werde abzuwägen sein, ob die Tat besonders schwer wiege, also eine lebenslange Strafe erfordere oder nicht.
"Schweres Leben"
Der Angeklagte bekannte sich schuldig im Sinne der Anklage. Der Richter rollte seine Lebensgeschichte auf, derzufolge die kriminelle Karriere des 37-Jährigen mit Diebstählen begann. Mit 18 war der Mann das erste Mal inhaftiert, im August 2008 wurde er aus einer Strafhaft in München entlassen und in seine Heimat abgeschoben. Arbeit fand er keine. „Es war sehr schwer“, sagte der 37-Jährige via Dolmetsch auf die Frage, wie er sich sein Leben finanzierte.
Als es darum ging, was am 12. Dezember 2011 geschah, nachdem er in Obersiebenbrunn den Zug hatte verlassen müssen und um Geld für die Heimfahrt gebettelt hatte, wurde der Slowake noch wortkarger als zuvor. Er tue sich sehr schwer darüber zu reden, er könne sich auch nicht erinnern, wie er an die Rohrzange gekommen sei, mit der er den 76-Jährigen tötete.
Das Tor zum Haus des Ehepaares war nicht versperrt gewesen, verlas Richter Manfred Hohenecker eine frühere Aussage. Der Angeklagte sah Licht, bat die Bewohner um Geld - und wurde abgewiesen. Als der 76-Jährige in den Schuppen ging, folgte er ihm. „Sie haben ihm von hinten den Schädel eingeschlagen, als er schon in gebückter Haltung war“, sagte Hohenecker. Und: „Sie waren im Blutrausch.“
Zurück im Haus stach der Slowake dann auf die Ehefrau ein und raffte Schmuck, Münzen, eine Mundharmonika aus dem Nachtkästchen und ein Handy an sich, über das er später ausgeforscht wurde.
26 Messerstiche
Gerichtsmediziner Wolfgang Denk zufolge lag die Leiche der Frau im Vorraum auf dem Rücken, das Telefon war heruntergerissen, viel Blut überall: Das deute daraufhin, dass sich die Frau zu wehren versucht hatte, was auch Durchstiche an den Händen bewiesen. 19 Stich- und Schnittwunden wurden am Schädel gezählt, eine oberhalb des Brustbeins, sechs am Hals. Tödlich war die Durchtrennung der Halsschlagader, sagte Denk.
Christa Nussbaumer, Spezialistin für forensische Molekularbiologie und DNA-Analysen, hatte das Spurenmaterial untersucht. Nach ihren Ausführungen war DNA unter anderem an den Händen der Getöteten dem Angeklagten zuzuordnen - nicht ganz eindeutig, weil es sich um Mischspuren handelte und es von dem Slowaken bis zu seiner Ausforschung im Dezember 2012 keine DNA in der österreichischen Datenbank gab.
Lebenslang
Er habe es noch nie so einfach gehabt, meinte Staatsanwalt Thomas Ernst in seinem Schlussvortrag: „Es geht um die Frage lebenslang oder nicht“, wandte er sich an die Geschworenen. Zwei Menschen seien umgebracht und beraubt worden, erschwerend dazu kämen die massiven Vorstrafen und die Tatbegehung unter Ausnutzung der Hilflosigkeit der Opfer. Der Angeklagte habe den Mann von hinten erschlagen und 26 Mal auf die Frau eingestochen - „dermaßen brutal“, dass lebenslang gerechtfertigt sei. Und der Staatsanwalt erinnerte an die zweite Bluttat in der Slowakei, für die der Mann zu 25 Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurde: „In seiner Heimat macht er dasselbe noch einmal, geht wieder in ein Haus hinein...“
Verteidiger Rudolf Lind führte ins Treffen, dass der Angeklagte von Anfang an voll geständig gewesen sei und auch reumütig. Er habe nicht den Vorsatz gehabt, jemanden umzubringen, als er das Haus in Obersiebenbrunn betrat. Als er kein Geld erhielt, sei er Amok gelaufen.
Nach den Schlussplädoyers zogen sich die Geschworenen knapp vor Mittag zur Beratung zurück - und fällten rasch und einstimmig ein Urteil: Lebenslang. Der Verteidiger meldete Berufung an, die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig. Solange das so ist, bleibt der Angeklagte in Österreich inhaftiert. Die jetzt verhängte Zusatzstrafe soll er dann in seiner Heimat verbüßen, wo er wegen des weiteren Doppelmordes im Oktober 2013 rechtskräftig zu 25 Jahren Haft verurteilt wurde.