Chronik/Niederösterreich

"Knisternde" Stimmung in Traiskirchen

Nach der aus dem Ruder gelaufenen Demonstration in der Vorwoche war die Polizei gewarnt. Ein Großaufgebot von mehr als 100 Einsatzkräften nahm am Sonntag rund 500 Demonstranten vor dem Flüchtlingslager Traiskirchen in Empfang.

Nachdem die von der linken Gruppierung "Freedom not Frontex: Vienna" geplante Demo aus Sicherheitsgründen untersagt wurde, hatte die Österreichische Hochschülerschaft (ÖH) zu einer Ersatz-Kundgebung aufgerufen. Die Gruppe demonstrierte gegen den Asylnotstand und die "menschenverachtende Unterbringung der Flüchtlinge in Traiskirchen". Von einem Pritschenwagen aus wurden die Botschaften auf Deutsch und Englisch über Lautsprecher verbreitet.

Eine Gruppe von etwa 150 Traiskirchner Anrainern und rechten Gegendemonstranten goutierten die Kundgebung nicht. Die Reden der Aktivisten wurden von Buhrufen unterbrochen, es kam zu Schreiduellen zwischen beiden Lagern. "Die Stimmung war durchaus knisternd. Wir haben daraufhin eine Sperrkette zwischen den beiden Gruppen eingezogen", sagt Polizei-Sprecher, Oberst Markus Haindl.

Die Traiskirchner ließen ihrem Unmut über die Lage freien Lauf und nahmen sich kein Blatt vor den Mund. "Schleicht’s euch" war nur eine der wenigen "Freundlichkeiten", die die Demonstranten zu hören bekamen. "Wir müssen mit der Situation hier tagtäglich leben. Auf diese Besserwisser können wir verzichten", erklärt ein Zaungast, der seit 50 Jahren hier lebt. Ein anderer meinte: "Wir sind seit 60 Jahren der Nachttopf der Nation. Nun ist es 5 vor 12 und vonseiten der Politik gibt es keine Lösung."

Auch Bürgermeister Andreas Babler hat wenig Freude mit den Kundgebungen und drängt darauf, dass die Länder endlich ihre Quoten erfüllen und die Erstaufnahmestelle entlastet wird. "Das Einzige, das die Situation entschärfen kann, ist, dass die Innenministerin 3500 Flüchtlinge von Traiskirchen verlegt", betont Babler.

Protest der Identitären

Demonstriert wurde am Sonntag auch nahe des Erstaufnahmezentrums Thalham in St. Georgen an der Gusen (OÖ). 33 Aktivisten der "Identitären Bewegung Österreichs" protestierten gegen die Aufnahme von Flüchtlingen in Europa. Die meisten Asylwerber seien Wirtschaftsflüchtlinge, deren Probleme vor Ort gelöst werden sollten, wurde behauptet. In Traiskirchen würden "linken Hetzer" demonstrieren, während in St. Georgen aufrichtig Heimatliebende protestieren würden. Die Kundgebung verlief friedlich.