Kein U-Haftgrund für angeblichen Dschihadisten
Von Nihad Amara
Wer den U-Haftbeschluss des Landesgerichts Krems über Soslan D. liest, kommt zum Schluss: Das muss ein dicker Fisch der Dschihadisten-Szene sein. D., 28, im März dieses Jahres in Krems in einer Nacht- und Nebelaktion durch die Anti-Terror-Einheit Cobra festgenommen, soll mit dem „Who is Who“ syrischer Terroristen in Kontakt gestanden und selbst in Syrien gewesen sein. Von Skype-Telefonaten mit dem militärischen Führer der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) ist da die Rede.
Doch D. ist nun ein freier Mann. Das Oberlandesgericht Wien (OLG) gab seiner Haftbeschwerde, ausgeführt von seinem Anwalt Wolfgang Blaschitz, statt. Blaschitz, der mehrere mutmaßliche Dschihadisten vertritt, ortet darin „einen Einstellungswandel“ der Justiz. Ein Syrien-Aufenthalt allein reiche für Untersuchungshaft nicht aus.
Bereits eingestellt
D. beschäftigt die Behörden schon lange. Im Juli 2013 war er zwei Tage in Syrien. Er gibt das zu. Bereits ein Mal lief ein Verfahren wegen des Aufenthalts und eines Fotos, aufgenommen in Syrien, das ihn bewaffnet und in Kampfmontur (siehe unten) zeigt. „Mangels weiterer Ermittlungsansätze“ stellte der Staatsanwalt in Krems das Verfahren ein.
In Deutschland konfiszierten Beamten im Herbst 2014 – nach einer Routine-Verkehrskontrolle – sein Handy mit den brisanten Skype-Kontakten nach Syrien. In Krems zog man den ad acta gelegten Fall wieder aus der Schublade, ließ D. wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer Terrorvereinigung festnehmen und verhängte die U-Haft.
Laut OLG bestehe jedoch bei D., der vor sechs Monaten Vater wurde, keine Fluchtgefahr. Auch Tatbegehungsgefahr sieht der OLG-Senat keine, da D. keine Anstalten machte, wieder nach Syrien zu gelangen. Ob die Skype-Kontakte tatsächlich zur IS-Prominenz führten, könne niemand „verifizieren“. Freilich kann der Entscheid auch anders gelesen werden: 2013 hätte es vermutlich Haftgründe gegeben.
Blaschitz hält die Skype-Kontakte für „lächerlich“. Sein Mandant arbeite und „schaukelt in der Freizeit seinen Sohn in den Schlaf“.
D. wurde enthaftet, das Verfahren läuft weiter. In einem Punkt sind sich OLG und Erstgericht einig: An D.s Verantwortung, wonach er in Syrien lediglich karitativ arbeiten wollte und sich aus Angst in Kampfmontur fotografieren ließ, zweifeln beide. N. Amara