Chronik/Niederösterreich

Gesucht: Investor mit Visionen

Draußen wummert der Kolomanikirtag, drinnen herrscht himmlische Ruhe. "Hier war das Internat des Melker Stiftsgymnasiums", sagt Karl Koppatz und führt durch einen langen Gang. In den Zimmern hängen noch Holzkreuze, Kästen und Stühle stehen herum. Nur die Betten fehlen. Ganz so, als hätten die Schüler fluchtartig das Gebäude verlassen.

Alle Inhalte anzeigen

Koppatz, 68, begleitet den KURIER durch das Bischöflicher Seminar (Wiener Straße 45) in Melk. Es ist ein riesiges Areal, insgesamt etwa drei Hektar groß, viel Natur, beste Lage. Zum Stadtzentrum sind es nur ein paar Schritte, dazu gibt’s von der Terrasse einen ungetrübten Blick auf das altehrwürdige Stift.

Koppatz ist so etwas wie der gute Geist des Hauses, der Pensionist kümmert sich um alles, vom Schneeschaufeln bis zur Heizung. "Es gibt immer etwas zu tun. Das hört nie auf", sagt der sympathische Hausmeister. Er werkt für die Diözese St. Pölten, die das Seminar verkaufen will. Der Kaufpreis liegt irgendwo zwischen sechs und zehn Millionen Euro. Angebissen hat noch keiner, was nicht nur Koppatz wundert.

Interessenten

Errichtet wurde der Komplex in den Jahren 1903 bis 1905, Auftraggeber war Bischof Johannes Rössler. Genutzt werden heute nur noch ein paar Räume. Der Kindergarten ist vorübergehend eingezogen, die Weight Watchers halten hier ihre Kurse ab und ein Architekt hat hier seine Büroräume. Manchmal treffen sich auch noch Gläubige in der wunderschön gestalteten Kapelle, die durch ihre Rundbogenfenster und neobarockem Stuck besticht. Was allerdings fehlt, ist ein Investor mit Visionen und viel Geld. Vor Jahren, so erzählen Insider, hätten Interessenten mit dem Bau eines Hotels geliebäugelt. Doch kurz bevor es zu einer Vertragsunterzeichnung kam, starb ein Investor bei einem tragischen Unfall.

Auch seitens der Stadt macht man sich Gedanken, was man aus dieser Top-Immobilie machen könnte. Zuletzt tauchte der Gedanke auf, man könnte zumindest ein Teil der Anlage als neue Feuerwehrzentrale nutzen. Eine Umsetzung gilt aber eher als unwahrscheinlich, wie zu hören ist.

Gut möglich also, dass die Immobilie noch länger auf der Verkaufsliste der Diözese zu finden sein wird. Herr Koppatz wird weiter seine Runden drehen und darauf achten, dass das Bischöfliche Seminar weiter gut in Schuss bleibt. Vielleicht taucht er ja noch auf, der Investor.