Feuerwehr-Chefs schlagen Alarm: "Ein Vollzeit-Job"
Von Stefan Sailer
Die Wahl des neuen Feuerwehr-Kommandanten in Tulln hätte eigentlich zur reinen Formsache werden sollen. Ein Wahlvorschlag wurde bereits im Vorfeld eingereicht. Doch der vorgesehene Nachfolger von Ernst Ambrozy, Gerhard Müller, lehnte die "Beförderung" ab. Als Grund gab der langjährige Funktionär der Feuerwehr Tulln den hohen Zeitaufwand an, den diese Funktion mit sich bringe: "Mit meinem Fulltime-Job ist das schlichtweg nicht zu vereinen."
Die Anforderungen an den Kommandanten seien aber nicht nur in Tulln, sondern grundsätzlich gestiegen, bestätigt der bisherige Frontmann Ambrozy: Neben den meist sichtbaren Einsätzen müsse ein Gros der Freizeit in Ausbildungen, Übungen, den Verwaltungsdienst oder Besprechungen investiert werden. "Als Freiwilliger stößt man dabei an seine Grenzen."
Enormer Aufwand
Ähnlich sehen es Kollegen anderer Feuerwehren in Niederösterreich: "Die Fülle an Aufgaben grenzt schon fast an einen Vollzeitjob", sagt Wilfried Kargl, Kommandant in Stockerau. Feuerwehr-Chef Gerhard Grum aus Mistelbach ergänzt: "Der Aufwand ist enorm. Wenn man die Feuerwehr-Arbeit mit dem Beruf nicht verbinden kann, wird es bei größeren Wehren schwierig."
Grum selbst ist bei der Stadtgemeinde im Bauhof angestellt. Einsätze, aber auch Ausbildungen oder Sitzungen kann er bei Bedarf in der Dienstzeit erledigen. "Das macht die Aufgabe schon etwas einfacher." Diese Freiheiten genießt auch Wilfried Kargl in Stockerau. Als Gemeindebediensteter ist er derzeit ausschließlich für die Feuerwehr abgestellt. Dieses System besteht derzeit auch in einigen anderen Städten wie Hollabrunn oder Laa an der Thaya.
Auch in Krems war der Kommandant jahrzehntelang bei der Gemeinde angestellt. In den 1950-er Jahren wurde allerdings das System umgestellt und ein Teil der Arbeit auf hauptamtliche Mitarbeiter sowie Zivildiener abgetreten, berichtet der ehemalige Feuerwehr-Chef Wolfgang Schön: "Es wird aber sicher nicht einfacher, einen Kommandanten zu finden."
Im Umkehrschluss spricht sich Kargl aber dagegen aus, dass ein Kommandant automatisch bei der Gemeinde angestellt wird. "Im Sinne der Freiwilligkeit wäre das den anderen Mitgliedern gegenüber nicht fair." Schön glaubt, dass eine Mischform ein Lösungsansatz wäre.
Keine Patentlösung
Seitens des Landesverbands wird betont, dass jede Feuerwehr individuelle Aufgaben habe und die Struktur deshalb auch individuell festgelegt werden muss. In Klosterneuburg gebe es bei 27.000 Einwohnern lediglich 500 Einsätze pro Jahr. Wiener Neudorf, als verhältnismäßig kleine Feuerwehr, kommt mit dem Autobahnabschnitt und Industriegebiet hingegen auf etwa 800 Ausfahrten. "Es gibt dafür keine Patentlösung", sagt Feuerwehr-Sprecher Franz Resperger.
In Tulln wird die Struktur nun überdacht. Verantwortung, Pflichten und Aufgaben sollen auf mehrere Personen aufgeteilt werden. Bis Ende Februar will man eine langfristige Einigung erzielen.