"Extra-Wurst": Fleischer kassiert für Aufschneiden der Semmeln
Von Jürgen Zahrl
Nach dem Kauf einer Wurstsemmel ist einer Kundin aus Krems in der Wachau gehörig der Appetit vergangen. Als sie auf die Rechnung schaute, stieg ihr die Zornesröte ins Gesicht. Darauf war "Semmel aufgeschnitten" 50 Cent pro Stück zu lesen. Die leere Semmel kostet zehn Cent weniger.
Dass in zwei Fleischhauereien in der Kremser Innenstadt für das Aufschneiden von Semmeln anscheinend ein Aufpreis verlangt wird, hat jetzt eine Debatte ausgelöst. Darf ein Unternehmer dafür Extragebühren verlangen oder muss diese Tätigkeit als Serviceleistung am Kunden gesehen werden?
Arbeitsaufwand
Während in der Fleischerei Winkler-Langgartner in der Unteren Landstraße in Krems eine leere Semmel 40 Cent kostet, verlangt der Traditionsbetrieb für die aufgeschnittene Semmel 50 Cent. "Aber nur, wenn Sie eine Wurstsemmel verlangen. Dann ist der gesamte Arbeitsaufwand in diesen zehn Cent inkludiert. Das ist völlig gerechtfertigt", meint Firmenchef Florian Winkler: "Wir verrechnen das seit Jahren. Bisher hat sich niemand darüber aufgeregt." Auch eine Fleischerei in der Herzogstraße verlangt neun Cent extra, wie die Niederösterreichischen Nachrichten berichten.
Beim Kremser Fleischhauer Jakob Ellinger geht es auch ohne Aufpreis: "Bei uns kostet die Semmel immer 40 Cent. Dass die Kollegen das anders handhaben, gefällt mir nicht." Er verweist auf die Debatte um kostenpflichtiges Leitungswasser in der Gastronomie. In vielen Lokalen auf dem Land sei das Wasser kostenlos, wenn damit eine Konsumation in Verbindung steht. "Auch in Zukunft ist das Aufschneiden bei uns gratis", sagt Ellinger.
"Keine Empfehlung" der Landesinnung
Die niederösterreichische Landesinnung der Fleischer gibt zu dem Thema keine Empfehlung ab. "Jeder Fleischhauer muss eben so kalkulieren, dass er überleben kann. Dort, wo sie gleichzeitig Nahversorger sind, werden die leeren Semmerl günstiger verkauft. Der Preisunterschied liegt üblicherweise bei drei bis vier Cent", sagt Landesinnungsmeister Rudolf Menzl zum KURIER.
Die Supermärkte der Rewe-Gruppe, zu der Billa und Merkur gehören, sehen das Aufschneiden der Wurstsemmel als kostenloses Service: "Ein Bäcker kann auch nicht für einen halben Leib Brot Zusatzkosten verrechnen, nur weil er mit dem Messer das ganze Brot einmal durchschneiden muss", sagt Rewe-Sprecher Paul Pöttschacher.
Im Grunde dürfe man für jede Dienstleistung Extrakosten verlangen: "Allerdings muss der Kunde vor dem Kauf darüber informiert werden. Es reicht nicht, wenn der Preis auf der Rechnung steht. Kommt der Fleischer dieser Verpflichtung nicht nach, widerspricht das der Preisauszeichnung", sagt Stefan Göweil, Konsumentenschützer der Arbeiterkammer (AK): "Wir wollen jetzt aber nicht, dass auch noch das Einwickeln ins Jausenpapier verrechnet wird." Erst heuer hat die AK wieder einen Test beim Kauf von Leberkässemmeln gemacht. Nur einer unter 17 getesteten Betrieben verrechnete "50 Cent Serviceleistung".