Ein Dorfgasthaus sprengt die Grenzen
Von Lisa Rieger
Im nördlichen Weinviertel, nur ein paar Kilometer von der tschechischen Grenze entfernt, befindet sich das Gasthaus Bsteh in Wulzeshofen (Bezirk Mistelbach, Nähe Laa an der Thaya), das so gar nichts mit dem Klischee des verlorenen Grenzlandes zu tun hat. Das liegt vor allem am charmanten Gastgarten, der von Rosenbüschen und einer in sattem Grün erstrahlenden Wiese gesäumt wird, sowie dem liebevoll gepflegten Kräutergarten. Der Wirt Markus Bsteh zieht die Kräuter genauso leidenschaftlich, wie er sie verarbeitet. In der angrenzenden Gartenhütte trocknet er beispielsweise gerade Maggikraut.
Doch nicht nur Kräuter pflanzen die Bstehs selber an. Sie ernten auch regelmäßig eigene Marillen, Quitten, Äpfel, Weichseln, Zwetschken und Co. "Wir kochen viel Obst ein und machen Marmelade, Saft, Nektar und Kompotte daraus. Das verwenden wir dann das ganze Jahr über, sodass wir nie exotische Früchte einkaufen. Wir verwenden nur Regionales und alles solange der Vorrat reicht. Jetzt im Sommer schauen wir also, dass wir möglichst viel einkochen, damit wir über den Winter kommen", erklärt Markus Bsteh.
Aufsteiger des Jahres
Die Eigenproduktionen können in der kleinen integrierten Greisslerei auch mit nach Hause genommen werden. Auch abseits der eigenen Ernte setzt Bsteh auf regionale Produkte und bezieht Fleisch, Eier, Käse, Brot und vor allem Zwiebeln – die rund um Laa/Thaya besonders stark vertreten sind – aus der Umgebung. Die Küche des Gasthauses, das 2016 als "Aufsteiger des Jahres" ausgezeichnet wurde, bietet deftige Weinviertler Küche. "Wir wollen sie aber nicht so schwer zubereiten wie ihr Ruf ist, sondern neu interpretieren, mit dem gewissen Extra", sagt der Wirt.
Das Endergebnis ist etwa das derzeit besonders beliebte Backhenderl in Hanfpanier. Der Hanf stammt aus dem benachbarten Hanfthal. Oder auch auf der Karte aktuell zu finden: Lachsforellenfilet mit Kräutern gebraten auf Basmatireis und fruchtigem Tomatenchutney. Schwammerl, Marillen und Beeren landen momentan vermehrt auf dem Teller. Alle fünf bis sechs Wochen wechselt die Speisekarte und wird saisonal angepasst – ab Oktober gibt es Wild und Kürbis.
Das Gasthaus besteht seit 250 Jahren. Es wurde als Gemeindegasthaus gegründet. Die Familie Bsteh hat es 1975 übernommen. Die Eltern des Wirts waren Quereinsteiger; für ihn war seit jeher klar, dass er in die Fußstapfen seiner Eltern treten möchte, deshalb hat er eine Koch-Lehre absolviert.
Nach Wanderjahren in der Schweiz, Deutschland und Österreich ist er dann nach Wulzeshofen zurückgekehrt und betreut seither das Gasthaus und das Gästehaus. "Bei den Übernachtungen kann man sagen, dass wir zwei Schichten haben: Einerseits die Touristen, die das Weinviertel entdecken wollen, Radfahrer vom nahen Radweg oder Thermengäste. Andererseits befindet sich nur wenige Meter entfernt eine internationale Firma. Unter der Woche nächtigen viele der dortigen Mitarbeiter bei uns", sagt Bsteh. Die Gäste des Gasthauses sind jung und alt und kommen aus dem Ort und von fern: "Wir sind ein Dorfgasthaus, das über die Grenzen hinaus bekannt ist."