Chronik/Niederösterreich

Ehrgeizler mit Ausstrahlung

Josef Riegler sitzt für das Interview am Tisch im hintersten Eck des Cafés im Sportzentrum St. Pölten. Er erzählt vom Tennisspielen, grinst dabei von einem Ohr zum anderen und strahlt eine Freude aus, die ansteckend wirkt. Gleich wird der 42-Jährige in der Tennishalle nebenan von seinem normalen in einen speziellen Sportrollstuhl wechseln, den Tennisball in die Hand nehmen und zum Aufschlag ansetzen.

Riegler ist Niederösterreichs Nummer eins im Rollstuhltennis. An rund 20 Wochenenden im Jahr ist er für Trainingslager und Turniere unterwegs, auch bei internationalen Meisterschaften bleibt er meist bis zum Finale im Spiel. Österreichweit rangiert er an dritter Stelle, der Abstand zu Platz zwei und eins sei allerdings „sehr gering, da kann jeder jeden schlagen“, wie Riegler mit einem Augenzwinkern meint. Bei ihm zuhause in Texing hängen neun Goldmedaillen, erst heuer wieder gewann der Sportler die Staatsmeisterschaften im Doppel sowie der Mannschaft. Seit Dienstag steht neben den Medaillen die Trophäe des „Back to Life“-Awards der AUVA.

In Anbetracht dieser Erfolge fällt es schwer zu glauben, dass Riegler früher nie Tennis gespielt hat. „Fußball, Radfahren, Berggehen, ja. Aber nie Tennis“, erzählt er. Die gelbe Filzkugel kam erst in Rieglers Leben, als es der Rollstuhl auch tat. Josef Riegler ist seit 16 Jahren querschnittsgelähmt. Als er im Sommer 2001 seinem Schwager beim Abriss einer Hütte half, kam er unter einem Holzbalken zu liegen. Während sich alle um die klaffende Wunde an seinem linken Bein sorgten, klingelten bei Riegler schon die Alarmglocken: „Ich sah die Wunde, aber spürte nichts. Da wusste ich, dass was nicht stimmt“. Im Krankenhaus St. Pölten folgte dann die traurige Gewissheit.

Neues Leben

Das erste Jahr nach dem Unfall sei das schwerste gewesen. Erst nach der zweiten Reha am Weißen Hof gab Riegler dem Rollstuhltennis eine Chance. „Am Anfang geht das nicht, da ist man ganz unten am Boden. Aber dann hab’ ich einfach einen neuen Anhaltspunkt gebraucht. Rollstuhltennis war genau das Richtige“, erzählt er.

Der Sport half dem Texingtaler dabei, neue Hoffnung zu schöpfen. „Ich führe heute ein völlig neues Leben“, sagt er. Sein früheres Leben als Kfz-Mechaniker sei stressig und von langen Arbeitstagen geprägt gewesen: „Wenn das noch zwei Jahre so weiter gegangen wäre, hätte es wahrscheinlich zum Burn-out geführt“, ist sich Riegler sicher.

Heute setzt der 42-Jährige völlig andere Prioritäten: „Ich genieße jede Sekunde und mach einfach was ich will, da lass ich mir nicht dreinreden“, sagt er. Dreimal die Woche kommt er hierher nach St. Pölten zum Training. Donnerstags trifft man Riegler gewöhnlich am Weißen Hof in Klosterneuburg an: „Da animiere ich andere Rehapatienten zum Rollstuhltennis und zeig ihnen, wie schön das ist“.

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