"Die Leute werden patriotischer"
Von Simone Hoepke
Der Wein&Co-Gründer über patriotische Weintrinker, Last-Minute-Geschenke und das Rauchverbot in Lokalen.
KURIER: Wird heuer zu Weihnachten weniger Wein gekauft?
Heinz Kammerer: Bei größeren Anschaffungen, wie Plasma-Bildschirmen, werden die
Konsumenten zögerlicher. Aber die kleinen Freuden, wie eine Flasche Wein, lassen
sie sich nicht nehmen.
Ihr Weihnachtsgeschäft ist also gesichert?
Viele kaufen bei uns in letzter Minute ihre Geschenke ein. Zwischen 18. und 24.
Dezember setzen wir bis zu 500.000 Euro amTag um, das ist fünf Mal so viel wie an einem normalen Tag. Die Vorzeichen sind gut: In der zweiten Dezemberwoche
haben wir täglich 200.000 Euro umgesetzt – zehn Mal so viel wie an einem März-
Tag. Wir machen im letzten Quartal 40 Prozent des Jahresumsatzes.
Die Firmen werden heuer aber dennoch sparen ...
Vor allem Banken und Versicherungen haben bei den Ausgaben für Geschenke auf null gestellt. Wegen der wahnsinnigen Kursverluste wäre es wohl ein Hohn, teuren Champagner zu verschenken. Bei uns macht das Firmengeschäft zum Glück aber nur zwei Prozent des Gesamtumsatzes aus.
Werden teure Weine in Krisenzeiten zu Ladenhütern?
In schlechten Zeiten klammern sich die Leute an das, was sie kennen, also bekannte Marken, wie Hillinger. Sowohl die guten als auch die günstigen Weine verkaufen sich besser, das mittlere Segment verliert. Und die Leute werden in der
Krisenstimmung patriotischer. Siebzig Prozent der Weine, die wir verkaufen, kommen mittlerweile aus Österreich.
Wie viel geben Ihre Kunden im Durchschnitt für eine Flasche Wein aus?
Zwölf Euro. Meist kaufen sie drei Flaschen, in Filialen mit Parkplatz doppelt so viele.
Die großen Bordeaux-Weine in der Preisklasse von 200 Euro werden nicht oft gekauft. Sie tragen zwei bis drei Prozent zum Gesamtumsatz bei.
Werden die Leute jetzt beim Ausgehen sparen?
Die Leute wollen auch jetzt eine Hetz haben, allerdings muss das Preis-Leistungsverhältnis stimmen. Es spielt viel Psychologie mit: Auch wenn sich jemand den teuren Wein leisten kann, wird er jetzt nicht zugreifen. Das beste Beispiel: In den teuren Lokalen bekommt man derzeit ganz leicht einen Tisch.
Sie haben in Ihren Lokalen das Rauchverbot wieder zurückgenommen. Warum?
Ich dachte, das Rauchverbot ist eine gute Idee,weil 60 Prozent der Österreicher
Nichtraucher sind. Tatsächlich sind die jungen Frauen, die rauchen, ausgeblieben,
in der Folge auch die Männer – ein Schneeballeffekt. Der Umsatz in der Gastronomie ist um15 Prozent eingebrochen. Nach neun Monaten haben wir das Rauchverbot aufgehoben. Ich kann ja nicht auf meine eigenen Kosten Gesundheitspolitik betreiben.
"Nichtraucher sind vernünftiger. Das ist nicht das Beste für das Geschäft."
Heinz Kammerer Wein&Co
Mit Nichtrauchern ist also kein Geld zu verdienen?
Nichtraucher sind vernünftiger. Das ist nicht das Beste für das Geschäft. Dass ab einer Betriebsgröße von 50 Quadratmetern Nichtraucherzonen einführt werden müssen, ist eine schwere Benachteiligung für diese Betriebe. Mich kostet so ein Umbau pro Filiale 50.000 Euro. Das ist ja vertrottelt: Das Lokal wird nicht schöner
und zudem ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein generelles Rauchverbot wie in anderen Ländern kommt.
Zur Person: Heinz Kammerer
Handelsspezialist
Der Weinsammler und Handelsspezialist Heinz Kammerer (60) hat vor der Gründung von Wein&Co im Jahr 1993 rund 15 Jahre lang Fachhandelserfahrung bei einer Kette von Fliesen- und Sanitärmärkten gesammelt.
Wein&Co
2007 sind rund 2,2 Mio. Flaschen über die Ladentische der insgesamt 16 Wein&Co-Filialen gewandert. Das Unternehmen setzte mit 240 Mitarbeitern 42 Mio. € um. In Österreich sieht Wein&Co noch Platz für drei weitere Standorte